Praktisches und Wichtiges

Ursula Baus
5. September 2012

Wer weiß schon, wie all über die Jahrtausende sich entwickelnde Strukturen, Typen, Elemente und Details in der Baukunst heißen? Hilfreich sind Bildwörterbücher, derer es viele gibt: Erinnert sei an Klassiker wie den "Köpf" oder den "Ching". Jetzt legt die DVA ein neues vor, das aus dem Englischen übernommen ist. Man kann nun bei dem "Hopkins" die grundsätzliche Gliederung in Bautypen, Konstruktionen, Elemente nachvollziehen; Überschneidungen bei >Formen und >Elementen sind dann unvermeidlich. Zudem ist man dankbar, dass die Erläuterungen die Bauphänomene der Gegenwart erreichen. Ein Ärgernis ist allerdings die lausige Bild- beziehungsweise Druckqualität: Bilder sind dermaßen dunkel oder unscharf, dass die mit Hinweislinien gekennzeichneten Teile gar nicht erkennbar sind. Hier sparte der Verlag am falschen Ende, schade!

Owen Hopkins: Architektur. Das Bildwörterbuch. DVA, 2012, 175 Seiten, 250 farbige Abbildungen, 200 Schwarz-Weiß-Abbildungen, Maße: 21,3 x 26,9 cm, Kartoniert (TB), Deutsch, 29,99 Euro. Übersetzung: Christiane Court. ISBN: 978-3-421-03868-5

Zum zweiten Buch. Ein gewaltiges Thema kündigt sich auf dem Titel einer Dissertation an: "Architektur und Geometrie. Zur Historizität formaler Ordnungssysteme." Wieso nicht Geschichtlichkeit? Man ahnt, dass hier durch die Titelformulierung Schaum geschlagen wird. Der Autor schränkt einleitend ein, dass es ihm um den Raster geht und dass er selektiv seine Beispiele aus der Geschichte wählte. Tatsächlich geht es im Parforceritt durch die Baugeschichte, wobei die Rolle der Geometrie partiell erheblich überschätzt und leider nicht in den Kontext technischer und gesellschaftsrelevanter Faktoren gestellt wird. Die These des Autors, der gut lesbar schreibt, ist nicht neu: Natürlich wird die Geometrie als Teil architektonischen Schaffens in den Epochen verschieden bewertet und angewendet. Dass dabei nur die Ordnungsfunktion und ab Durand eine Ökonomisierung des Bauens in den Vordergrund rücken, ist allerdings zu kurz gegriffen, denn dass die Beherrschung der Geometrie in anderen Epochen in virtuosem Spiel den Raum in seiner endlosen Vielfalt erschließt, wird verschwiegen. So hieße das Buch besser: Durand und die Geometrie als Hilfsmittel zur Ökonomisierung. Dann wäre wichtig gewesen, den politischen und technischen, geschichtlichen Kontext Durands zu erschließen: Colbert als Politiker und Perronet als Ingenieur hatten die Ökonomisierung des Bauens knapp hundert Jahre zuvor vorbereitet – mit Hilfe der Geometrie als "statischer Wissenschaft" der Ingenieure. Der Autor Ekkehard Drach verfolgt sein Thema bis in die Gegenwart – genauer gesagt zu Peter Eisenman. Der Vergleich Durands und Eisenmans hätte in einer detaillierten Untersuchung überaus ergiebig werden können. Nicht nebensächlich ist, wie der Verlag ankündigte: "… anhand exemplarischer Beispiele …" – hier wünscht man sich mehr sprachliche und damit inhaltliche Sorgfalt.

Ekkehard Drach: Architektur und Geometrie. Zur Historizität formaler Ordnungssysteme. transcript, 2012, 324 S., kart., zahlr. Abb., 35,80 €. ISBN 978-3-8376-2002-3

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