Ohne Angabe von Gründen

Christian Holl
23. Oktober 2013
Hier dreht sich hoffentlich bald wieder alles um die hervorragende kulturelle Arbeit, die zuletzt geleistet wurde. (Bild: Wikimedia Commons, Mewes)

Peinliche Posse? Möglicherweise mehr als das: politische Profilierung, die einen veritablen kulturellen Kolateralschaden nach sich ziehen könnte. Anders als mit Eitelkeit oder kleingeistiger Selbstgerechtigkeit, wenn nicht gar mit Inkompetenz lässt sich nicht erklären, was sich derzeit in Dessau abspielt. Im Februar 2014 endet die erste Amtszeit des derzeitigen Direktors der Stiftung Bauhaus Dessau, Philipp Oswalt; 2009 hatte er diese Stelle angetreten. Dietmar Steiner, Direktor des Architekturzentrum Wien, hält ihn "für den besten Direktor bisher". Nun hat der Kultusminister des Landes, Stephan Dorgerloh, veranlasst, dass sich der Stiftungsrat für eine Neuausschreibung der Stelle Oswalts ausspricht – anders als es sonst üblich ist, so berichtete es letzte Woche die Mitteldeutsche Zeitung. Die auch gleich eine Breitseite gegen diese Entscheidung abfeuert und die Verdienste Oswalts nennt: unter anderem "sind in Dessau in einer zeitlichen Dichte und sachlichen Qualität Sonderausstellungen zu sehen, von denen sich andere Institutionen über Jahre ernähren würden". Mit einer dem Politikbetrieb eigenen, aber deswegen nicht minder widerlichen Scheinheiligkeit heißt es aus dem Ministerium, Oswalt könne sich wieder bewerben. Wenn man mit seiner Arbeit zufrieden wäre, gäbe es von einem solchen Abweichen von ungeschriebenen Regeln keinen Grund, aber selbst die Gründe, die es geben mag, werden nicht genannt: nicht einmal Mumm haben sie, die Genossen. Wie auch immer, sollte Oswalt tatsächlich nicht weitermachen dürfen, so würde damit nicht nur eine vitale Phase des Bauhauses unterbrochen, es würden auch im Blick auf das Jubiläum 2019 und den Neubau des Bauhaus-Museums mutwillig Schwierigkeiten in Kauf genommen. Warum im "Umlaufverfahren", also nicht in einer Sitzung, ohne Diskussion entschieden wurde? Auch hierzu: keine Aussage. So aber werden nur Gerüchte genährt, und die schießen auch schon munter ins Kraut. Zu unbequem sei Oswalt eben, und wer unbequem ist, müsse gehen, so sei es gute Landessitte, ließ André Bücker, Generalintendant des Anhaltischen Theaters verlautbaren. In puncto Standort des Bauhaus-Museums etwa hatte es Meinungsverschiedenheiten zwischen Oswalt und Dagerloh gegeben, und auch das von Oswalt mit herausgegebene Buch Raumpioniere in ländlichen Regionen hatte den routinierten Politikbetrieb herausgefordert. Qualitäten, die einem Bauhaus-Direktor gut anstehen. Noch freilich ist die Entscheidung nicht endgültig, sie falle erst in der nächsten Sitzung Ende November. Man darf also noch hoffen, dass Oswalt bleibt, vielleicht auch dank der zahlreichen Unterstützung, die er inzwischen erhielt, und sich der Schaden, den sich die Stiftung zugefügt hat, begrenzen lässt. Dann bliebe diese Episode vielleicht doch das, was wir einstweilen nur hoffen, dass sie es ist: eine peinliche Posse.

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