Ökologisch und ästhetisch wertvoll

Christian Holl
16. November 2011
Gemeindezentrum Ludesch; Hermann Kaufmann ZT, 2005. (Bild: Bruno Klomfar, Wien) 

Der Besucher der neuen Ausstellung im Architekturmuseum der TU München trifft am Eingang auf einen beschnittenen Wurzelstock. Er gehört zu einer über 80 Jahre alten Fichte, die in voller Länge aufgeständert die ersten beiden Räume miteinander verbindet und in verschiedenen Bearbeitungsstufen den Weg des Holzes bis zum verwendbaren Baumaterial illustriert. Auf solche Anschaulichkeit wurde viel Wert gelegt. Welche Baumarten in welchen Mengenverhältnissen bei uns genutzt werden, ist auf einem breiten Bretterstreifen dargestellt. Muster gängiger Holzwerkstoffe bekleiden die Stirnwand des zweiten Raums. Ein Zimmer aus Buchenholz würdigt, dass dies seit Kurzem in Leimkonstruktionen verwendet werden darf – eine wichtige Neuerung, weist Buchenholz doch dafür ideale Eigenschaften auf. Mit Kiefern, Fichten und Eichen gehört die Buche zu den Hauptarten unserer Wälder.
Fünf nach einem komplizierten Verfahren bewertete Gebäude zeigen im ersten Raum, wie positiv das Bauen mit Holz auf das Klima wirkt: von 36 Prozent (Werkstätten in Lindenberg) bis zu 71 Prozent (Campus Kuchel, Salzburg, 2009) reicht die Klimaentlastung gegenüber vergleichbaren Standardbauweisen. Man wird davon überrascht, dass Deutschland über den größten Holzvorrat Europas verfügt oder davon, dass man theoretisch mit einem Drittel des bei uns jährlich geschlagenen Holzes sämtliche Neubauten eines Jahres in Deutschland errichten könnte.
Im zweiten Raum wird anhand von Gebäuden gezeigt, welche technologischen und bautechnischen Fortschritte die letzten Jahre gebracht haben: in der Vorfertigung, durch den Einsatz von EDV-Techniken, in der Vielgeschossigkeit, im Bauen im Bestand. Gezeigt wird auch ein Entwurf für ein Hochhaus von 20 Stockwerken – am Lehrstuhl von Hermann Kaufmann an der TU München, der die Ausstellung kuratierte, wurde nachgewiesen, dass dies statisch, brandschutztechnisch und wirtschaftlich möglich ist. Die Widerstände, solche Projekte zu verwirklichen, seien, so Kaufmann, vor allem in der zähen Bürokratie zu suchen.
Ein dritter Raum zeigt in weiteren Projekten (insgesamt werden gut 30 gezeigt, alle in Fotos, Plänen und großen Modellen), welche gestalterische, typologische und funktionale Vielfalt der Holzbau bieten kann. Es fehlen einzig die Einfamilienhäuser: Das Thema sei durch, hier sei der Holzbau im Markt und bei den Kunden angekommen, so Kaufmann. Das ist also das Anliegen der Ausstellung: für den Holzbau dort zu werben, wo er noch nicht selbstverständlich als Alternative in Erwägung gezogen wird. Dass es sich lohnt, mit Holz zu bauen, zeigt die Ausstellung: sowohl hinsichtlich des ökologischen Nutzens wie der architektonischen Qualität, die erreicht werden kann. ch

"Bauen mit Holz – Wege in die Zukunft"
bis zum 5. Februar 2012 im Architekturmuseum der TU München in der Pinakothek der Moderne.
Katalog: Hermann Kaufmann, Winfried Nerdinger (Hrsg.): Bauen mit Holz – Wege in die Zukunft. Prestel Verlag München, 39,95 €; in der Ausstellung 34 €

Wohnhaus in Berlin; Kaden Klingbeil, 2008. (Bild: Bernd Borchardt, Berlin) 
Doppelturnhalle, Borex-Crassier, CH, Graeme Mann & Patricia Capua Mann Architectes, 2007. (Bild: Thomas Jantscher) 

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