Money makes the train go round…

Ursula Baus
25. Mai 2011
Der Entwurf von Auer+Weber+Assoziierte, Ergebnis einer jahrelangen interdisziplinären Planung 

Es sei hoch her gegangen am 18. Mai im Münchner Stadtrat, als André Zeug von der Deutschen Bahn die neuen Pläne für den Münchner Hauptbahnhof präsentierte. Zur Erinnerung: 2003-04 wurde ein internationaler, eingeladener Wettbewerb nach einer Überarbeitungsphase zugunsten der Architekten Auer+Weber+Assoziierte entschieden, die 2006 von der Bahn mit einer weiteren Überarbeitungsstudie beauftragt wurden. Der Transrapid war inzwischen erledigt, und die Bahn drängte auf eine größere BGFläche mit nunmehr 200.000 m2. 2008 folgte eine Machbarkeitsstudie mit regelmäßigen Treffen aller Beteiligten, in die auch Fachplaner und Brandschutzexperten einbezogen wurden – eigentlich ein gutes Verfahren, wenn es um baukulturelle Ansprüche bei einer Aufgabe wie dem Münchner Hauptbahnhof geht. Seit Abschluss der Studie 2009 herrschte allerdings Funkstille seitens der Bahn, die am besagten 18. Mai ihre eigenen Planungen für den neuen Münchner Hauptbahnhof präsentierte und dafür heftig gescholten wurde.
Vor allem wird bemängelt, dass die Funktionalität an den Schnittstellen zwischen Bahn, U- und S-Bahn vorne und hinten, oben und unten nicht stimmt. Es ist alles zu eng - eine Klage, die wir häufig führen, wenn wir in verhunzten Bahnhöfen zwischen Reklameorgien und Grillhähnchenbuden vergeblich nach Fahrplänen suchen. Von einem architektonischen Gestaltungsanspruch will man ohnehin kaum reden. Die Bahn behauptet, ihr Projekt (die Bahn gründete 2008 eine eigene Bauabteilung) sei billiger als das der Architekten Auer+Weber+Assoziierte, ihr sei außerdem an einem "modularen" Vorgehen gelegen, in dem die mögliche Olympiade 2018 in München berücksichtigt sei.
Die Visualisierungen der Bahn lassen nichts Gutes ahnen. Eine Überall- und Nirgendsarchitektur ist das Letzte, was einem Bahnhof des Münchner Kalibers ansteht.
Zu befürchten ist, dass die Bahn aus den Sträußen, die mit gmp beim Lehrter Bahnhof in Berlin ausgefochten werden mussten, und den epochalen Kalamitäten für Stuttgart (21) die falschen Konsequenzen zieht: Sie schiebt die Aufgaben freier Architekten einer eigenen Bauabteilung zu, die den unterschiedlichen Identitäten und Funktionalitäten der Bahnhofsstandorte kaum gerecht werden kann. In der Mobilität des 21. Jahrhunderts kommt es aber genau darauf an: Kein Mobilitätsanbieter darf den anderen dominieren, sondern alle müssen das Anliegen der Nutzer und Ansässigen berücksichtigen. Die Bahn droht jetzt zu einer zweiten Stadtplage zu werden und dem Konsumkonzern ECE nachzueifern.
Auf unsere Anfrage reagierte die Station Service AG bislang nicht. Es ist nicht zu begreifen, warum sie das in München gut gelaufene, einvernehmliche Engagement und die daraus erwachsenen Entwurfskenntnisse nicht mehr nutzen will. Was die Bahn sich hier mit den Ergebnissen eines Wettbewerbes erlaubt, wirft dunkle Schatten nach Stuttgart voraus: Was, wenn zu allem Elend dort auch noch der Architekt Ingenhoven ausgebootet würde und die Bauabteilung der Bahn etwas Eigenes, Billigeres bauen möchte? Ach nein, das stellen wir uns lieber nicht vor. ub

Die Bahn präsentiert eine recht ordinären Kasten. (Bild: DB Station Service) 
Für einen Hauptbahnhof mit vielfältigen Umsteigefunktionen zu eng: Das kritisiert vor allem die Stadt München. (Bild: DB Station Service) 

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