Mehr als Krieg und Ballett

Simone Hübener
28. März 2012
Weltausstellung, Paris 1937 von Hannes Kilian

Die Bilder von Hannes Kilian, die er vom ausgebomten Stuttgart gemacht hat, sind ebenso bekannt und berühmt wie seine Ballettaufnahmen. Das Repertoire dieses Fotografen ist allerdings noch viel größer und erstreckt sich auf Künstlerportraits, Landschaftsfotografie, Aufnahmen für Industrie und Werbung, Bilder der Weltausstellung in Paris 1937, weitere Architekturfotografien und anderes mehr. In der aktuellen Ausstellung des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg, die im Kunstgebäude am Schlossplatz gezeigt wird, ist nun der "ganze" Kilian zu sehen. Thematisch geordnet füllen die 360 Bilder – zum Großteil Originalabzüge, die Kilian in seinem Atelier angefertigt hat – die vielen Räume des Gebäudes. Diese erwecken den Eindruck, als wären sie für die Ausstellung geschaffen worden, denn Architektur und Exponate passen bestens zueinander und die Kuratoren haben mit viel Fingerspitzengefühl die richtigen Räume für die einzelnen Aspekte von Kilians Arbeit ausgewählt. Die Portraits bekannter Menschen, wie Erich Kästner, Thomas Mann, Gary Cooper und Carl Zuckmayer, finden die Besucher beispielsweise in einem kleinen, niedrigen Raum. Die Ballettfotos ordneten die Kuratoren wie eine große Collage an einer breiten, hohen Wand an, die großformatigen Fotografien verschiedener Themen, darunter auch viel Architekturfotografie, hängen im hohen Kuppelsaal. Im dort eingestellten Kubus findet der Besucher die Stuttgarter Kriegsbilder, die man dort etwas abgeschottet von der restlichen Ausstellung auf sich wirken lassen kann. Wer sich dazu die Zeit nimmt, der wird feststellen, dass aus Kilians Bildern meist auch etwas Positives spricht – und das trotz der oftmals schweren Zeit, in denen er sie aufgenommen hat.
Immer wieder taucht in den Bildern – egal ob als Hauptmotiv oder als sorgsam ausgewählter Hintergrund – Architektur auf. Sie war Kilian ein großes Anliegen und er verstand, sie gekonnt in Szene zu setzen, sie dem Betrachter des entstandenen Bildes aus einer neuen Perspektive zu präsentieren. So hat er beispielsweise Gebäude oftmals mit extremer Untersicht fotografiert, was sie sehr mächtig wirken lässt.
Die Basis für die Stuttgarter Schau bildet eine Ausstellung, die 2009 im Gropius-Bau in Berlin gezeigt worden ist. In diesem Jahr wäre der Fotograf 100 Jahr alt geworden. Der komplette Nachlass mit mehr als 500.000 Fotografien befindet sich im Haus der Geschichte in Stuttgart.

Öffnungszeiten bis 29. April: Di, Do-So 11-18h, Mi 11-20h (Karfreitag geschlossen, Ostermontag geöffnet)

Zur Berliner Ausstellung ist im Hatje Cantz Verlag ein Katalog erschienen, der in der Ausstellung und im Onlineshop des Hauses der Geschichte für 24,90 Euro erhältlich ist.

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