Gerhard Ullmann (1935-2012)

Ursula Baus
8. Februar 2012
"Der Schattenfotograf", Selbstporträt am Bahnhof Schöneberg 

"Die Trennung von Wort und Bild erlaubt zwar verschiedene Darstellungsweisen und Zugänge, rückt aber auch Bildaussage und Textinterpretation auseinander. Das mag für den Layouter vorteilhaft sein, für den Leser wird es schwierig, die Einheit des Gebäudes zu erkennen. Die zunehmende Ästhetisierung in der Fotografie scheint mir ein Versuch, die Frage nach dem Sinnzusammenhang von Form und Funktion an den Rand zu drängen und Architektur als eine gegebene Größe hinzunehmen."(1) So beschrieb Gerhard Ullmann in der db deutsche bauzeitung, wie er als Fotograf ans Werk ging. Er starb am 17. Januar 2012, als einer der profiliertesten, kompromisslosesten Architekturfotografen Deutschlands. Dem Fotostandard der Hochglanz-Architekturmagazine, der sich ungefähr in den späten 1980er Jahren durchzusetzen begann, passte sich Gerhard Ullmann nie an. Er gab seine Aufgabe, Architekturentwicklungen kritisch in Bild und Wort an den Leser weiterzugeben, nicht marktkonform auf, sondern arbeitete frei und selbstständig genau so weiter, wie er es für richtig hielt. Bildrandparallele Architekturwerbefotos zur blauen Stunde oder mit stahlblauem Himmel, menschenfrei und bar jeder Information über die Umgebung – niemals hätte der 1935 in Teplitz geborene, leidenschaftliche Fotograf und Autor dergleichen abgeliefert.
Bei der db schätzten wir seine Art, Architektur in Bild und Worten zu analysieren, sehr. Es waren im besten Sinne des Wortes Reportagen, die vom Leben der Architektur erzählen, von den Menschen, die mit dieser Architektur leben wollen und oder müssen – all das leistet die kommerzielle, heute gang und gäbe gewordene Architekturfotografie nicht mehr. Gerhard Ullmann stellte Architektur in große Zusammenhänge – manchmal scharf dokumentierend, manchmal mit poetischer Kraft, gelegentlich auch mit gesellschaftskritischem Furor.
Er hatte Malerei in Berlin-Weißensee und Architektur in Berlin-Charlottenburg studiert, war im Werkbund aktiv und suchte sich in seiner Arbeit stets gern die Themen selber. Auf diese Weise entstanden auch seine Bücher – über Industriebrachen (Bild unten), Venedig, Berlin, Sanssouci…
Die Fotografien von Gerhard Ullmann bleiben bis auf weiteres in Familienbesitz. Es ist vorgesehen, 2013 mit einer Ausstellung in der Stuttgarter Architekturfotografie-Galerie f75 an ihn zu erinnern.

(1) Gerhard Ullmann, in: Wilfried Dechau: architektur abbilden. Stuttgart, DVA, 1995, Seite 218

Industriebrachen in Ostdeutschland 

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