Hauptverwaltung BKK, Villingen-Schwenningen
Lichtschichten
26. Juni 2006
Das Haus wird durch die sichtbaren Geschossdecken, durch die die Ecke betonenden Betonscheiben und einer offene Erdgeschosszone in seinem Aufbau deutlich ablesbar.
Der Neubau der Schwenninger BKK ist ein Musterbeispiel für das, was man auch unter den Bedingungen des Alltags an Baukultur einfordern kann. Denn die Situation und die Aufgabe sind nicht außergewöhnlich. Eine Konversionsfläche (früher wurden auf dem Gelände Uhren hergestellt) wurde für die Neubebauung präpariert. Die Hauptverwaltung der Schwenninger BKK, die hier errichtet wurde, stellte keine höheren Anforderungen als andere Bürobauten auch. Der Bauherr lobte ein Gutachterverfahren aus, das Wulf & Partner für sich entscheiden konnten. Und er ließ sich auch nach diesem Ergebnis im Entwurfs- und Planungsprozess vom Mehrwert guter Architektur überzeugen. Das Ergebnis ist keine Sensation, kein typologisches Experiment, kein Aufbruch in neue ästhetische Welten. Dies zu verlangen wäre genau der falsche Anspruch an Baukultur.
An der zum See hin geöffneten Seite stellt eine schmale Brücke die Verbindung zwischen den Gebäudeteilen her. Links der Blick in das durch eine Glasfassade zweigeteilte Atrium.
Im Rahmen der Konversion wurde auf dem Gelände ein neuer See angelegt. Unter Berücksichtigung des unregelmäßigen Grundstückszuschnitts haben die Architekten ein einfaches und überzeugendes Konzept vorgeschlagen: Ein Block mit Atrium wird an seiner zum See gewandten Seite zur Hälfte geöffnet. Daraus entsteht ein in einen offenen und einen geschlossenen Bereich zweigeteiltes Atrium. Die beiden Bereiche, durchgehend mit drehbaren Lamellen überspannt, werden durch eine Glasfassade voneinander getrennt. Die geschlossene und überdachte Zone kann als Halle auch für Veranstaltungen genutzt werden, die offene dient in den Arbeitspausen als Aufenthaltsort, über den die direkte Verbindung zum See hergestellt wird.
Die oberen Bürogeschosse werden als ein Wechsel aus ein- und zweibündigem System, aus offenen und geschlossenen Bereichen gestaltet, so dass der Kontakt zum Atrium sich nicht nur über die Arbeitsräume herstellt.
Schichten aus beweglichen, lichtfilternden Elementen sorgen für immer neue Lichtstimmungen, die sich dank der Verglasung bis ins Innere fortsetzen können.
Der nuancierte Umgang mit dem Thema Hülle und Kern wird in der Fassade fortgesetzt. Geprägt wird sie von geschosshohen Verschattungselementen aus beschichteten Aluminiumstangen, die als Drehflügel ausgeführt sind. Die Anordnung der Stangen, mal gerade, mal schräg gestellt, erzeugt ein lebendiges Fassadenbild und ein abwechslungsreiches Licht- und Schattenspiel im Innern. Dies wird durch rote, ebenfalls geschosshohe Stoffbahnen als zusätzliches Lichtfilter noch verfeinert und setzt sich durch die komplett verglasten Trennwandsysteme in die Tiefe des Raums und ins Atrium fort, denn auch die Innenfassade wurde verglast. Dabei wurde durch die Zusammenarbeit mit Transsolar das Konzept auch mit dem Anspruch, energiesparend zu bauen, zur Deckung gebracht. Verfahren, Ökologie, Ästhetik – Baukultur stellt keine Ansprüche, die nicht eingelöst werden könnten.
Christian Holl
Grundriss EG
Grundriss 2. OG
Längsschnitt
Hauptverwaltung
Schwenninger BKK
2005
Spittelstraße 50
78056 Villingen-Schwenningen
Auftraggeber
Schwenninger BKK K. d. ö. R.
Architektur
Wulf & Partner
Freie Architekten BDA
Stuttgart
Projektsteuerung
Mürlepartner Baumanagement
Pforzheim
Energiekonzept
Transsolar Energietechnik GmbH
Stuttgart
Tragwerksplanung
Mayer-Vorfelder Dinkelacker
Ingenieurgesellschaft mbH
Sindelfingen
Haustechnik
Laux, Kaiser & Partner
Ingenieurgesellschaft mbH
Stuttgart
Elektro- und Lichtplanung
Müller & Bleher GmbH
Radolfzell
Brandschutz
Ingenieurbüro Riesener
Balingen
Bauphysik
W & W Bauphysik
Schwaikheim
Bruttogeschossfläche
10.800 m2
Bausumme brutto
15,4 Mio. €
Fotografie
Brigida Gonzalez