Bleiben wir im Büro?

Thomas Geuder
29. Oktober 2013
Kann und darf so ein Arbeitsplatz aussehen? Mood aus dem Farbkonzept «Harmony House» von Ruckstuhl. (Foto: Ruchstuhl)
Thomas Geuder: In den letzten ca. 20 Jahren hat sich das Aussehen des Büros enorm verändert, angestoßen nicht zuletzt durch den Einzug des Computers in unsere Arbeitswelt. Die Prophezeiungen klangen schon damals verheißungsvoll: das papierlose Büro, ein erleichtertes Arbeiten durch die neuen Technologien wann und wo man will, das Überflüssigsein von Reisen dank Video-Konferenz usw. Nicht alles hat sich bisher bewahrheitet, die Mitarbeiter werden zurück ins Büro berufen (siehe Yahoo), leiden häufig unter Burn-out, neigen zur Individualisierung ihres Arbeitsplatzes, und der Papierverbrauch ist hoch wie nie. Was ist geschehen?

Katrin Trautwein: Ich glaube, dass das Machbare oft mit dem Wünschbaren verwechselt wird. Das papierlose Büro ist machbar. Ist es wünschenswert? Ein Technologie-Gutachter aus Boston sagte mir mal, dass ihm häufig wunderbar neue Dinge vorgestellt werden. Er sagt den Erfindern: «That‘s a fantastic invention. I wonder what problem it‘s solving?» Die Erfinder wissen es meistens nicht, meinte er. Machbarkeit ist faszinierend. Man muss sich aber auch überlegen, was geopfert wird. Beim papierlosen Büro ist es viel! Rascheln, riechen, schmecken, bewegen, der direkte Augenkontakt, überraschende Begegnungen. Diese Dinge sind Inspirationsquellen!

Die «analoge» Welt als Quelle für Ideen also. Herr Kleibrink, Sie als Spezialist für Büroplanung denken immer vorwärtsgerichtet. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?

Martin Kleibrink: Zunächst einmal ein Wort zu Yahoo und den Schlagzeilen, die Marissa Mayer gemacht hat: Yahoo hat viele seiner Mitarbeiter zunächst nach Hause geschickt, sie zu 100% von dort arbeiten lassen – und damit vom Unternehmen und dem Austausch mit den Kollegen entkoppelt. Es ist davon auszugehen, dass bei dieser Aktion das mögliche Einsparpotential und nicht eine mitarbeiterfreundliche Firmenkultur im Vordergrund stand. Nun geht es Yahoo nicht besonders gut, denn dem Unternehmen sind die guten Ideen und Innovationen und damit die Wettbewerbsfähigkeit abhanden gekommen. Es ist eben kein Geheimnis, dass 80% aller Innovationen durch Face2Face-Kommunikation entstehen. Also ruft Marissa Mayer die Leute zurück ins Unternehmen, ohne Rücksicht auf die damit ausgelösten Probleme, die Familien oder Alleinerziehende durch diesen kurzfristig verordneten Wandel bekommen. Kein Problem für sie allerdings, denn sie hat direkt neben ihrem Büro ihre private Kindertagesstätte. Und schon frohlocken alle Rückwärtsgerichteten, Besitzstandswahrer, Hierarchen und Kontrolleure und schreien «YAHOO! Wir haben es doch schon immer gesagt, dass Homeoffice nicht funktioniert».

Durch die Fachveranstaltung «Bleiben wir im Büro?» im Sous Sol führte Peter Ruckstuhl, Geschäftsführer und Inhaber von Ruckstuhl. (Foto: Ruckstuhl)
Was bedeutet das für das Arbeiten?

Martin Kleibrink: Die heutige IT/TK-Technologie hat vor allem dazu beigetragen, die Arbeit von Ort und Zeit zu entkoppeln, und damit die Grundlage für alle Formen flexiblen Arbeitens geschaffen. Das Büro wird es dennoch immer geben, nur: Seine Bedeutung unterliegt momentan einem starken Wandel. Monofunktionale Büros mit einheitlich gestalteten Arbeitsplätzen und ihrer notorischen Unterdeckung an Meetingräumen werden den heutigen, vielfältigen Arbeitsabläufen nicht mehr gerecht und sind Zeugnis vergangener Arbeitsprozesse. Dem Prinzip des ABW (Activity based Working) folgend bieten innovative und zukunftsgerechte Büros vielflältige Arbeitsszenarien, die die konzentrierte Arbeit des Einzelnen ebenso unterstützen, wie Routinetätigkeiten und Teamprozesse – und die dabei durch eine hohe Begegnungsqualität noch informelle Kommunikation, Wohlbefinden und Motivation der Mitarbeiter fördern.

Vor allem in kreativen Branchen sieht man häufig lange Tischreihen, an denen alle 1,50 m ein Mitarbeiter sitzt. Dieses Layout soll die Teamarbeit fördern, wird behauptet. Viele aber empfinden diese Nähe ohne Grenzen als unangenehm und wünschen sich das Zellenbüro zurück, plus eine schöne Kaffee-Lounge zum informellen Treffen. Woran liegt das? Sind die Mitarbeiter vielleicht einfach zu wenig bereit, sich auf neue Arbeitsszenarien einzulassen?

Martin Kleibrink: Diese nicht nur in den sogenannten Kreativ-Unternehmen, sondern bevorzugt auch in großen Architekturbüros auftauchenden «Benches» (die Horrorbilder von hallenartigen, mit diesen Arbeitsplatzkonfigurationen abgefüllten Architekturbüros werden immer wieder gern gezeigt) sind eine gute Ergänzung zu Standard-Arbeitsplätzen und eignen sich prima für die Projektarbeit. Als dauerhafte Arbeitsplätze halte ich sie für komplett ungeeignet, sie sind ergonomisch bedenklich, denn sie lassen keine individuelle Höheneinstellung zu, die Tischfläche ist in der Regel zu klein, akustische Störungen beeinträchtigen die Möglichkeit, konzentriert zu arbeiten.

Katrin Trautwein: Da bin ich mit Martin Kleibrink ganz einig. Juhani Pallasmaa schreibt von einem oft vergessenen Ziel der Architektur – sie muss nicht nur den Körper hausen und schützen sondern auch Räume für Sehnsüchte und Träume bieten. Ein dauerhafter Arbeitsplatz sollte das auch! Man muss sich auch zurückziehen, den eigenen Gedanken folgen können. Das schwächt die Gruppenleistung nicht, es fördert sie.

Der Prime Tower in Zürich wurde von Gigon / Guyer Architekten entworfen, von webereinhardt Generalplaner AG, Zürich stammt der Mieterausbau. Am Boden: der Schurwollteppich «Rollercolor» als Platte (Rollertile). (Bild: Ruckstuhl)
Herr Nocke, welche Rolle spielt die eben angesprochene Akustik in solchen großen Räumen?

Christian Nocke: Die Räume und die Materialien wandeln sich, es gibt vermehrt schallharte Flächen aus Glas und Beton. Parallel steigen die Anforderungen an die Kommunikation in den Räumen: Jeder Arbeitsplatz sollte für Videokonferenzen geeignet sein, was eigentlich geringe Hintergrundpegel, hohe Abschirmung und ausreichende Bedämpfung der Räume voraussetzt. Die Flächen werden außerdem (nicht nur durch die Benches) immer dichter bespielt. Der Haken an alledem ist, dass die Menschen nicht plötzlich leiser sprechen, wenn sie dichter zusammen sitzen. Das menschliche Gehör hat eben die Eigenschaft, Sprache immer mit höherer Priorität wahrzunehmen. Und die Ohrmuschel kann – anders als das Augenlid – nicht einfach zugeklappt werden. Das alte Spannungsfeld zwischen Akustik/Technik und Architektur/Gestaltung also findet gerade im modernen Großbüro eine neue Ausprägung.

Martin Kleibrink: Der von Herrn Nocke angesprochene Erfordernis, von jedem Platz aus eine Videokonferenz (VC) abhalten können zu müssen, stehe ich krtisch gegenüber. Gerade bei den VC‘s oder den (zu häufigen und in ihrer Bedeutung und Effektivität überschätzten) «Conference Calls» mit mehreren Teilnehmern an entfernten Standorten wird oft laut gesprochen und somit die Kollegen im Open Space massiv gestört. Hierfür sollten Rückzugsmöglichkeiten z.B. in Thinktanks oder akustisch sehr gut abgeschirmten Sonderzonen zur Verfügung stehen. Lässt es sich nicht vermeiden, solche Gespräche vom Arbeitsplatz aus zu führen, dann bitte mit hochwertigen Headsets, diese können den Lärmpegel und damit die Störungen deutlich reduzieren.

Definieren wir es also konkret: Welche verschiedenen Arten von Arbeitszonen und -plätzen sollte ein Unternehmen heutzutage in jedem Fall für die Mitarbeiter anbieten können?

Katrin Trautwein: Eigene Büros für Leute, die sich konzentrieren oder schwierige Verhandlungen führen müssen. Einen eigenen Tisch für jeden – bei uns haben alle einen eigenen Schreibtisch und Stuhl, die auf sie abgestimmt sind und dem persönlichen Wunsch nach Ordnung, Bild des Partners oder Hunds auf dem Tisch und geheimen Versteck für Schere und Not-Zigarette entspricht. Natürlich braucht es auch große Tische in Nischen für Projektarbeiten und Gespräche, die nicht gestört werden oder stören und man Konzepte auch mal liegenlassen kann. Unser Betrieb ist um unser Atelier herum organisiert. Im großen Atelier, wo Farben geprüft und zu Mustern gemacht werden, kreuzen sich alle Wege, auch die der Produktion und Administration. Die schönsten Ideen entstanden bei uns bislang im Atelier, oft zum freiwilligen Feierabendbier im Atelier. Ein Atelier bzw. einen zentralen, permanenten Think-Tank-Raum mit Kühlschrank und ohne Leistungszwang kann ich unbedingt empfehlen.

Christian Nocke: Ich denke, dass sich das gar nicht allgemein sagen lassen wird. Dazu sind die Unternehmen wie auch die Mitarbeiter zu individuell und auch die Erwartungen, Ansprüche, Hoffnungen und Notwendigkeiten zu unterschiedlich. Viel wichtiger erscheint es, dass die Nutzer der Räume frühzeitig eingebunden werden. Gerade im Mehrpersonenbüro ist es eine inzwischen schon fast normative Erfahrung, dass nur ca. 30-40% der Zufriedenheit über die akustische Situation durch technische Maßnahmen erreicht wird. Das sagen zumindest viele Untersuchungen der Lärmwirkungsforschung.

Martin Kleibrink: Neben Standardarbeitsplätzen in offenen Teamzonen – je nach Grundrissdisposition in Zweier- oder Viererböcken angeordnet – sollten unbedingt Rückzugsräume in Form von kleinen Thinktanks oder nicht fest zugeordneten Einzelbüros angeboten werden. In Unternehmen, in denen Projektarbeit mit wechselnden Projektteams zum Arbeitsalltag gehört, sollten Projektzonen mit bench-artigen Arbeitsplatzkonfigurationen und umfangreichen Möglichkeiten zur Visualisierung von Dokumenten, Charts etc. eingeplant werden. Von hoher Wichtigkeit für alle Unternehmen sind Orte, die mit einer hohen Begegnungsqualität zu informeller Kommunikation, Austausch und Wissensweitergabe einladen. Neben Kaffeebars – die nichts mit den üblichen, «Teeküchen» genannten Heißwasserzapfstellen zu tun haben – die in einem loungeartigen Charakter eine entspannte Gesprächsatmosphäre bieten sollten, kleine Einheiten als alkovenartige Möbel oder Stehbesprechungen in die Flächen eingestreut, die so Spontanbesprechungen in der Nachbarschaft der Arbeitsplätze fördern.

Sich wohlfühlen, Raum für Kreativität, sich zurückziehen können, Zwischenmenschliches – all das sind sehr subjektive Parameter, die letztendlich doch allgemeingültig sind. Um als Planer hier den Grad zwischen Offenheit und Geschlossenheit finden zu können, sollte der Büroplanung ein soziales, organisatorisches und gestalterisches Gesamtkonzept zugrunde liegen. Welche (positiven oder auch negativen) Erfahrungen haben Sie an diesem Punkt bisher machen können? An welchem Punkt werden Sie normalerweise hinzugerufen?

Christian Nocke: Die positiven Erfahrungen zu einer gelungenen Akustik erreichen uns leider nicht allzu oft. Zu Räumen, die von uns geplant und dann entsprechend umgesetzt werden, erhalten wir häufig keine Rückmeldung. Wenn es doch einmal negative Rückmeldungen gibt, stellt sich oft heraus, dass etwas anders als geplant umgesetzt wurde. Ab und an erleben wir, dass Räume zwar nach schalltechnischen Aspekten weitgehend den einschlägigen Empfehlungen entsprechen, die Nutzer aber trotzdem mit der Situation unzufrieden sind. Die Ursache liegt dann häufig im sozialen oder auch organisatorischen Bereich. Häufig werden wir erst hinzugerufen, wenn die Räume nicht funktionieren. Aber auch bei Neuplanungen wird die Akustik immer mehr schon vorher, also in der Planung berücksichtigt.

Katrin Trautwein: Ich finde es ideal, wenn ein zentraler Bereich – bei uns ist es der Atelierbereich – wabenartig zu geschlossenen Büros, Konferenzräumen, Pausenraum, und halboffenen Projekträumen führt. Alles offen zu haben schätze ich gar nicht. Alles geschlossen zu haben fördert Konkurrenzdenken, nicht die Kooperationsbereitschaft. Wir werden herangezogen, wenn es um Farbkonzepte geht. Klinisch weiße Besprechungszimmer und Büros sind ebenso wenig kommunikations- oder kreativitätsförderlich wie Räume mit einer miesen Akustik. Wir besprechen die Raumnutzung und Präferenzen der Raumbenutzer mit unseren Auftragsgebern und wählen Farben, die eine anregende und nicht aufregende Stimmung machen. Farben können Atmosphäre, Sicherheit, Größe oder Intimität schaffen. Alles davon braucht das ideale Büro.

Die Kantine bei Ruckstuhl in Langenthal ist mit Teppich-Applikationen geschmückt. Warum nicht also hier einmal arbeiten? (Foto: Ruckstuhl)
Welche Rolle spielt neben der Möglichkeit, in unterschiedlichen Raumzonen arbeiten zu können, die Atmosphäre für den Mitarbeiter?

Martin Kleibrink: Die Bereitstellung von Orten, die über eine wohnliche Atmosphäre und eine hohe Begegnungsqualität verfügen, fördert nicht nur die informelle Kommunikation. Diese Flächen tragen sehr wesentlich zum Wohlbefinden der Mitarbeitenden bei. Sind sie mit Liebe zum Detail und einer guten Qualität gestaltet und ausgestattet, empfinden die Menschen dies als Ausdruck von Wertschätzung, was die Identifikation mit und die Bindung an das Unternehmen erhöht. Arbeitsplatzzonen mit guter Ergonomie zu entwickeln, die den geltenden Weisungen und Richtlinien entsprechen, ist das normale Handwerk in diesem Geschäft. Die Orte dazwischen mit ansprechender Gestaltung, Qualität und Funktionalität aufzufüllen sowie für einen abwechslungsreichen Mix an Arbeitsplatzszenarien zu sorgen, die die unterschiedlichen Arbeitsweisen und -anforderungen unterstützen, ist hingegen die hohe Schule der Büroplanung. All diese Bereiche zu einem erfolgreich und effektiv wirkenden Ganzen zusammen zu fügen und den Nutzern nahe zu bringen: Dafür werden wir in der Regel geholt. Und unsere Arbeit beginnt in fast allen Projekte in dem Moment, wo es die Frage geht, ob und wie der Modernisierungsprozess von Raum und Arbeitskultur vollzogen werden kann.

Vielen Unternehmen erscheinen Stechuhr und Anwesenheitspflicht am sinnvollsten. Vielleicht sogar haben sie nicht allzu unrecht, denn ist ein Büro gut entworfen, kommen die Mitarbeiter auch gerne und sind produktiv. Was genau aber macht „gute Gestaltung“ aus Ihrer Sicht als Fachplaner aus?

Katrin Trautwein: Für mich ist das ein Raum, in dem sich die Raumnutzer wohl fühlen, in dem sie nicht vorschnell ermüden und sie innere Widerstände nicht überwinden müssen, um am nächsten Tag wieder ihre Pflicht erfüllen zu können.

Martin Kleibrink: Gut gestaltete Büros haben zunächst einmal wenig mit den Gestaltungsprinzipien zu tun, die uns die Hochschulen lehren und uns in den oft nur vermeintlich richtungsweisenden Designmagazinen als die einzig klaren und wahren Designwelten vorgegaukelt werden. Denn allzu oft wird in den Hochglanzbroschüren eine Designwelt verkauft, die mit ihrer Nüchternheit und ihrem Pragmatismus bestenfalls Architekten- und Designerkollegen/innen als gefällig erscheinen mag. Der Großteil der Menschen hingegen mag dieses oft nüchtern-kalte Design nicht. Die Menschen leben anders, sie umgeben sich mit anderen Dingen, Möbeln, Farben, persönlichen, oftmals kitschig erscheinenden Erinnerungstücken. Und so kommt es beim Designprozess ganz wesentlich auf einen Standortwechsel an. Ein Standortwechsel, der den Designer, den Planer auf die Seite der Nutzer wechseln lässt, wo er versucht die Bedürfnisse der Nutzer mit ihren Augen zu sehen, zu verstehen und umzusetzen, und anstatt ihnen eigene Designmaximen aufzudrängen. Nur die Gestaltung, die die Menschen schätzen, die ihnen ein Umfeld gibt, in dem sie sich geborgen und inspiriert fühlen, kann bei der Arbeitsplatzgestaltung als gutes Design bezeichnet werden. Zum Teufel also mit dem akademischen Gestaltungsansätzen!

Mit den Möglichkeiten wächst auch der Anspruch an den Arbeitsplatz in Sachen Konfiguration, Materialien, Akustik und Farbe. Im Bild: «Flatwood Simple» aus Schurwolle. (Foto: Ruckstuhl)
Wagen wir zum Schluss eine Prognose: Wird der Mensch in Zukunft im Büro bleiben, obwohl er die theoretische Möglichkeit hätte, überall zu arbeiten?

Katrin Trautwein:  Die neueren Naturwissenschaften betonen, dass unser Universum sich nicht durch noch so kleine Teilchen erklären lässt, sondern durch Beteiligungen. Hans-Peter Dürr redet von Wirks, nicht Quarks ... Die Idee des Home-Office, das ebenso effizient oder effizienter als der traditionelle Arbeitsplatz sein könnte, beruft sich auf ein Weltbild, das davon ausgeht, wir alle seien Teil des Ganzen. Nun, ein Teil kann mal hier, mal dort sein, es kann auch ersetzt werden. Wenn die modernen Naturerkenntnisse Recht haben – und davon bin ich überzeugt – dann sind wir eben nicht Teil des Ganzen sondern am Ganzen Beteiligte. Als Beteiligte bekommen Dinge wie die Kommunikation, der kreative Austausch, die Würde, privates Wohlbefinden am Arbeitsplatz und das Gefühl der Anerkennung im Team, auch das Gefühl, nicht ein austauschbares Ding zu sein, einen ganz anderen Stellenwert! Das Home-Office, mit reduzierten und fernen Beteiligungsmöglichkeiten, ist hier klar im Nachteil. Auch Farbe – um zu meinem anderen Thema zurückzukehren – ist beteiligt an diesen atmosphärischen Dingen, die meiner Ansicht nach für Menschen überall, auch am Arbeitsplatz, von größter Bedeutung sind.

Martin Kleibrink: Natürlich werden die Menschen auch in Zukunft ins Büro kommen – allerdings nicht, um über Stechuhren und damit dokumentierte Präsenz vermeintliche Leistung zu zeigen. Das Büro wird schon heute immer mehr zu einem Kristallisationspunkt der Kommunikation, dem Ort an dem durch das Zusammentragen guter Ideen und Lösungsansätze im Team Innovationen entstehen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sichergestellt werden. Die Arbeit am 3rd-Place, im Homeoffice, im Zug, im Café, der Flughafenlounge oder den vielen anderen Orten, an denen wir heute Büroarbeit beobachten können, ist als feste Größe etabliert. Doch allein, als Einzelkämpfer wird es nicht gehen, wir brauchen die kollektive Stärke von Teams, kritische Interaktion und ein Ambiente, dass uns anregt. Dieses müssen uns wohl gestaltete und in ihren Funktionen ausgewogene Büros geben.

Vielen Dank für das Gespräch. tg

 

Frank Lloyd Wright, Louis Barragàn oder Le Corbusier arbeiteten intensiv am Zusammenspiel von Architektur, Raum und Farbe. Ihre Ideen sind die Basis für das von Ruckstuhl und Katrin Trautwein erarbeitete Konzept des «Harmony House». Im Bild: der Eingang. (Foto: Ruckstuhl)
Im Arbeitsbereich sollen konzentrierte, mächtige Farben die Kontemplation und die Kreativität fördern. (Foto: Ruckstuhl)
Jede Farbnuance des Harmony House hat ihr Vorbild in der Natur, wo die Farben in Dialog treten als auch Kontraste bilden. Im Bild: das Wohnen. (Foto: Ruckstuhl)
Im Kinderzimmer sollen heitere Farben für Frische und Dynamik sorgen. (Foto: Ruckstuhl)
Dagegen sollen die Farben im Schlafzimmer für Ruhe und Entspannung sorgen. (Foto: Ruckstuhl)
Wichtig für jede Farbzusammenstellung sind im Harmony House die «Neutrals», neutrale, zurückhaltende Farben in Grau und Beige, die sich allen anderen Farben anpassen. (Foto: Ruckstuhl)
Die drei Referenten im Sous Sol und gleichzeitig unsere Gesprächspartner: Farbexpertin Katrin Trautwein, Akustikexperte Christian Nocke und Büroexperte Martin Kleibrink. (Foto: Ruckstuhl)
Auch hier haben die Besucher der Fachveranstaltung einen individuellen Arbeitplatz entdeckt: bei der anschließenden Führung durch die Teppich-Produktion bei Ruckstuhl. Im Bild: die Fabrikation der Intarsien. (Foto: Ruckstuhl)
Ruckstuhl AG
Langenthal, CH

Hersteller-Kompetenz
Farbkonzept Harmony House

Konzeption mit Ruckstuhl
kt.COLOR AG
Uster, CH

Gesprächspartner
Martin Kleibrink
KLEIBRINK. SMART IN SPACE
Zürich, CH

Christian Nocke
Akustikbüro Oldenburg
Oldenburg, D

Katrin Trautwein
kt.COLOR AG
Uster, CH

Veranstaltung
Fachveranstaltung im sous sol
«Bleiben wir im Büro? Wie sich gute Gestaltung auf Motivation und Arbeitsklima auswirkt»
im Juni 2013

Bildnachweis
Ruckstuhl AG

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