24 Stunden Stadtgeschichte

Katinka Corts
16. April 2014
70 Kamerateams dokumentierten einen Tag lang das Leben in Jerusalem (Bild: Filmstill)

Das vergangene Wochenende hätte man vor dem Fernseher verbringen müssen, 24 Stunden lang. Warum? Der Kultursender arte und das Bayerische Fernsehen zeigten eine 24-Stunden-Dokumentation über Jerusalem, die in Zusammenarbeit mit der Berliner Produktionsfirma Zero One entstanden ist. Kein Einzelfilm, sondern ein Panoptikum aus einem einzigen Drehtag, an dem 70 Kamerateams im Stadtgebiet filmten.

Auf der Projektwebsite sind alle Filme noch zwei Monate zu sehen (Bild: Trailer arte)

Gewagt hat das Projekt Regisseur Volker Heise, der bereits 2008 mit «24h Berlin» Aufmerksamkeit erregte, gemeinsam mit Produzent Thomas Kufus. Gegenüber der DW erklärte Heise: «Wir fangen mit einem Protagonisten an, folgen ihm durch die Stadt, dann kommt der nächste und noch einer, dann kommen wir zu ihm zurück.» Der Film zeige außerdem, was es bedeute in einer so vielfach geteilten Stadt zu leben. Heise und Kufus finden einzelne Schicksale, begleiten Menschen und bilden mit den vielen unterschiedlichen Geschichten eine breite und vielschichtige Stadt ab. Die virtuelle Reise in das Herz des Nahost-Konflikts zeigt das Leben von Israelis und Palästinensern und gelangt in jüdische, christliche und muslimische Welten.

Regisseur Volker Heise (links) mit Produzent Thomas (Bild: BR)

Die umfassende Dokumentation ist leider nur ein Privileg für uns Europäer, denn weder in Israel noch irgendwo im Nahen Osten wird der Film gezeigt werden, erklärten die Macher. Gegenüber Spiegel online sagte Kufus ganz nüchtern: «Wir machen als Europäer ein Projekt, finanziert von europäischen Fernsehanstalten und Förderungen für ein europäisches Publikum». Auch die gleichgewichtige Besetzung mit je 20 Kamerateams aus Israel, Palästina und Europa (plus 10 Teams für Landschafts- und Außenaufnahmen) hat nicht dazu beitragen können, die Grenzen – zumindest für einen kurzen Moment – zu überwinden. Das Verrückte sei, so Heise weiter, dass alle davon träumten, dass Frieden ist: «Alle wollen ein normales Leben haben, aber jeder hat eine andere Vorstellung davon, was das sein soll. Und da fängt's dann an, schwierig zu werden.»

24 Stunden lang, in Echtzeit «dabei» sein kann man aber auch jetzt noch: Auf der Projektwebsite ist nebst dem Videotagebuch des Regisseurs noch für zwei Monate auch das filmische Gesamtwerk über Jerusalem zu sehen.

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