»Opticum«, ein interdisziplinärer Forschungsbau

Manuel Pestalozzi
21. April 2024
Opticum ist in einen Unter- und einen Aufbau gegliedert. Der Sockel liegt teilweise im Erdreich eines kleinen Hügels. (Visualisierung: HENN)

Marienwerder ist ein Stadtteil im äußersten Nordwesten von Hannover. Der Wissenschaftspark entsteht sukzessive in einem 2012 eröffneten Landschaftspark entlang des renaturierten Roßbruchgrabens. 
Das ehemals landwirtschaftlich genutzte Gelände war ab 1930 als Reservefläche für Betriebserweiterungen im Besitz der Varta-Akkumulatorenfabrik. 1943 wurde auf einem Teilstück im Westen ein Konzentrationslager für die bei der Varta arbeitenden Zwangsarbeiter*innen eingerichtet. Auf anderen Flächen im Osten siedelten sich großflächig kriegsbezogene Zulieferbetriebe an. 
Nach dem Krieg fand eine Zwischennutzung der erhaltenen Baracken und Gebäude als Flüchtlingsunterkünfte statt. Zu Beginn der 1960er-Jahre wurden die Gebäude abgerissen, lange blieb das Gelände daraufhin sich selbst überlassen. Der Erstellung des Landschaftspark ging eine Altlastensanierung sowie eine Sicherung und Dokumentation der historischen Spuren voran. 

Im Erdgeschoss von Opticum sind die empfindlichsten Labore untergebracht. (Plan: HENN)

Nach Plänen von HENN  entsteht »Opticum« in der nordwestlichen Ecke des Areals, wo die Pascalstraße den lokalen Verkehrszubringer Auf dem Horst unterquert. Das Projekt wird einen interdisziplinären Forschungsbau der Leibniz Universität Hannover hervorbringen. Forschende und Lehrende aus Physik, Maschinenbau, Elektrotechnik, Mathematik, Informatik und Chemie sollen hier dereinst gemeinsam an der Zukunft von optischen Technologien arbeiten, wie sie in Smartphone-Kameras, beim Online-Streaming per optischer Glasfaser oder bei 3D-Abbildungen in der Medizin Anwendung finden. 

Das Architekturbüro aus München ging 2020 als Sieger aus einem VgV-Verfahren hervor. Das Volumen mit vier gerundeten und einer gekanteten Ecke ist als Solitär so konzipiert und auf dem Grundstück platziert, dass es Raum für zukünftige Entwicklungen zulässt und modular erweitert werden kann. Es gliedert sich in einen Unter- und einen Aufbau. Die Fassade des Aufbaus besteht aus einer »effizienten Hülle« aus Stahl, Glas und eloxiertem Aluminium. Der teils in einem Hügel verborgene Sockel öffnet sich mit einer mineralischen Fassade, die in fließenden Formen die Topographie nachzeichnet. 

Das Foyer im 1. Obergeschoss öffnet sich auf keine kleine Terrasse. (Visualisierung: HENN)

Im Unterbau sind die meisten Labore untergebracht. Denn die Forschung mit Laserstrahlen und hochpräzisen technischen Geräten erfordert eine möglichst erschütterungsfreie, robuste und sichere Umgebung. Im leicht zurückversetzten ersten Obergeschoss befinden sich die öffentlichen Bereiche. In den Konferenzräumen öffnet sich über eine großflächige Verglasung der Ausblick in die grüne Umgebung. In den oberen Geschossen sind Büros sowie weitere Laborflächen angeordnet. Im Zentrum des Neubaus verbindet im zweiten Obergeschoss ein mit Bäumen und Sträuchern bepflanzter Innenhof alle Bürobereiche. Er bietet die Möglichkeit zum Arbeiten im Freien sowie zum informellen Austausch. Die klare Struktur des Aufbaus ergänzen versetzt angebrachte, vertikale Sonnenschutzlamellen, welche in unterschiedlichen Winkeln montiert sind. Auf den Dachflächen sollen Photovoltaikanlagen Strom für die energieintensive Forschung im Inneren erzeugen.

Die Räumlichkeiten in den beiden obersten Geschossen gruppieren sich um einen begrünten Hof. (Plan: HENN)
Der jetzt in Angriff genommene Solitär soll sich in späteren Schritten zu einem Konglomerat erweitern lassen. (Plan: HENN)

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