Zukunft für Wiesbadens Walhalla-Theater

Manuel Pestalozzi
21. August 2023
Der Blick von der Empore des sanierungsbedürftigen Saals offenbart das Potenzial, das in diesem Gründerzeitbau schlummert. (Foto: Martin Kraft /CC BY-SA 4.0 Wikimedia Commons)

Die Walhalla-Theater sind ein Stück deutscher Geschichte. So bezeichnet wurden einst privatwirtschaftliche Volkstheater, die gegen 1900 populär waren. Der Begriff war Ende des 19. Jahrhunderts sehr bekannt, weil die 1842 eröffnete Gedenkstätte Walhalla in der Zeit des erstarkenden Nationalismus zu einer Art Tempel deutscher Kultur geworden war. Die Ernsthaftigkeit des Themas schien aber da und dort mit einer anständigen Prise Humor oder Frivolität gewürzt worden zu sein. So gab es in Berlin an der Oranienstraße beispielsweise ein Walhalla-Parodie-Theater, andere Etablissements bezeichneten sich nach einiger Zeit ganz unnationalistisch als Varieté-Theater.

Das Walhalla an der Mauritius-/Ecke Hochstättenstraße in Wiesbaden wurde 1897 als »Walhalla Varieté- und Spezialitäten-Theater mit Grand Restaurant« eröffnet und fasste 1400 Plätze. Erbaut und finanziert hatte es der Wiesbadener Bauunternehmer Jakob Rath, der kurz vor der Eröffnung starb. Zunächst standen im Wechsel Varietés, Opern und Operetten auf dem Programm. Ab 1919 wurde es zu einer Lichtspielstätte. Nach dem zweiten Weltkrieg hieß es »Bambi-Studio-Kino für anspruchsvolle Filmkunst«. Auch der letzte private Besitzer nutzte es für Filmvorführungen. Er veranlasste baustilerhaltende Renovierungen des denkmalgeschützten Gebäudes. In den 1970ern diente es über drei Jahre als Ausweichbühne des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, deren Heimstätte umgebaut wurde. In den Besitz der SEG ging die Immobilie 2007 über.

Kulturelles Nutzungskonzept als Erstes

Die gut erhaltene, aber doch arg mitgenommene Immobilie aus der Gründerzeit darf auf einen gedeihlichen Fortbestand hoffen. Im Rahmen eines europaweiten Vergabeverfahrens für die Objektplanungsleistungen suchte die SEG ein Architekturbüro mit Erfahrung im Bereich der Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden sowie im Bau von Kultur- und Veranstaltungsstätten. Es soll dann die Entwurfsplanung für die ehemalige und zukünftige Kulturstätte Walhalla ausführen. Die Wahl fiel nach diesem Verfahren auf die Bietergemeinschaft Waechter + Waechter Architekten BDA Part mbH, Darmstadt, zusammen mit Wenzel + Wenzel Freie Architekten Part mbH, Karlsruhe. Das Darmstädter Büro verdankt seine Reputation unter anderem der Sanierung des Theaters und Philharmonischen Orchesters in Heidelberg sowie dem Plenarsaalgebäude des Hessischen Landtags in Wiesbaden.

In einem ersten Schritt soll das Architekturteam nun in enger Zusammenarbeit mit Vanessa Remy, die die Projektleitung für die inhaltliche Erarbeitung des kulturellen Nutzungskonzeptes innehat, und der SEG das Raumkonzept für die Walhalla entwickeln. Begleitet wird dieser Prozess unter Beteiligung einer eigens eingerichteten Baukommission und der Steuerungsgruppe. Nach erfolgter Beschlussfassung hinsichtlich des Raum- und Nutzungskonzeptes, die für Anfang 2024 vorgesehen ist, wird die Vorentwurfs- und Entwurfsplanung nach aktuellem Zeitplan bis Ende 2024 erarbeitet. Die Fertigstellung der Gesamtmaßnahme soll bis Mitte 2028 erfolgen.

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