Versteigern und upcyceln?

15. April 2015
Luftaufnahme von 2008 (Bild: Benjamin Janecke / wikipedia)

Der Berliner Hauptbahnhof, von gmp Architekten geplant und zur Fußball-WM 2006 eröffnet, ist (wieder einmal) in die Schlagzeilen geraten. Während der Bau- und Planungszeit sorgte vor allem der Streit zwischen Architekt Meinhard von Gerkan und dem einstigen Bahnchef Hartmut Mehdorn um unabgestimmte Planänderungen für regelmäßige Schlagzeilen. In den letzten Jahren war es dann die Debatte um die nachträgliche Verlängerung des von der Bahn eigenmächtig um 130 Meter auf 321 Meter gekürzten Daches oder die Beseitigung von Bauschäden, über die berichtet wurde.

Jetzt jedoch – so titelten Berliner Zeitungen letzte Woche – sollen laut einem Vorschlag der grünen Bundestagsabgeordneten Lisa Paus, Dachteile auf Ebay versteigert werden. Gemeint sind damit die durch die Dachverkürzung überflüssig gewordenen Stahlträger und Glasscheiben, die einst für 52 Millionen Euro hergestellt wurden und bis heute ungenutzt in einem Bahndepot lagern. Realistisch ist dieser Vorschlag, denn die Bahn erteilte der nachträglichen Dachverlängerung aufgrund der zu erwartenden Kosten in Höhe von 145 Millionen Euro im letzten Jahr eine endgültige Absage. Außerdem schloss die Bundesregierung in der Antwort auf eine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion eine «Verwendung» der Dachreste für andere Bahnhöfe aufgrund der spezifischen Geometrie des Berliner Entwurfs aus.

So gilt es nun also, dem absehbaren Glas- und Stahlrecycling, kreativere Ideen entgegen zu setzen. Die Idee, Reste abgerissener Gebäude zu versteigern, ist so neu nicht. So sind doch zum Beispiel die Glasscheiben und diverse Teile des Inventars des Palastes der Republik diesen Weg der Resteverwertung gegangen. Neu ist dagegen, dass nicht die Überreste historisch aufgeladener Gebäude, sondern Überbleibsel nie gebauter Architektur einer neuen Verwendung zugeführt werden sollen.

Eine erprobte Variante dafür wäre das Upcycling, also die Konstruktion von neuer Architektur aus den nicht mehr gebrauchten Bauteilen. Beispiele dafür finden sich in Berlin einige, so unter anderem der «Plattenpalast» von wiewiorra hopp architekten aus recycelten Betonplatten des DDR-Wohnungsbaus oder der «Bauhaus re use»-Pavillon, ein 120 qm großes temporäres Gebäude aus wiederverwendeten Stahl-Fenster-Elementen des Dessauer Bauhaus-Gebäudes. Auch der Skatepark «Vogelfrei» gebaut aus Granitplatten des einstigen Palastes der Republik steht für diese Form der kreativen Neu-Nutzung. Voraussetzung für alle Form des architektonischen Upcyclings wäre jedoch eine kostengünstige Abgabe der Stahl und Glasbauteile an die entsprechenden Initiativen. Als Gegenleistung dafür, könnte der Eigentümer, die Deutsche Bahn zum Beispiel Wartehäuschen zur verpflichtenden Entwurfsaufgabe machen, damit die Reisenden im Hauptbahnhof zukünftig nicht mehr so oft im Regen stehen.

Blick in die obere Halle (Bild: Orderinchaos / wikipedia)

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