Kampf um den Erhalt der Schleyerhalle in Stuttgart

Manuel Pestalozzi
18. Dezember 2023
Die prägnante Form der Halle aus den 1980er-Jahren dient ihr auch als Logo. (Foto: Steffen Prößdorf / Wikimedia Commons)

Die Hanns-Martin-Schleyer-Halle wurde 1983 eröffnet. Ihr Name erinnert an den Arbeitgeberverbandspräsidenten Hanns Martin Schleyer, der 1977 durch die Rote Armee Fraktion entführt und ermordet worden war. Bekannt ist sie vor allem als Ort für große Popkonzerte: Stars wie Sting, die Böhsen Onkelz oder Blind Guardian spielten hier schon auf. Die Halle verfügt gemäß mit 4000 m² über einen der größten Innenräume in Europa. Seit einem Umbau vor knapp 20 Jahren beträgt die Kapazität maximal 15.500 Sitz- und Stehplätze.

Offenbar reicht das nicht mehr. Ein Ersatzneubau soll noch mehr Publikum aufnehmen können. Gegenüber echo24.de sagte im vergangenen Januar Andreas Kroll, Geschäftsführer der Betreiberin in.Stuttgart, eine weiter Modernisierung der Halle sei nicht sinnvoll. Er wies damals darauf hin, dass mittlerweile internationale Stars lieber die SAP-Arena in Mannheim ansteuern würden, weil dort mehr Fans Platz finden. Bemängelt werden im selben Beitrag auch die veraltete Technik und eine im Vergleich niedrige Deckenhöhe. Für die Ansprüche vieler Musikacts sei das einfach nicht mehr ausreichend. Man könnte daraus schließen, dass bei der Hanns-Martin-Schleyer-Halle das Prinzip Form Follows Function durch neue Konventionen und die Ansprüche des Marktes ausgehebelt werden.

Allerdings regte sich seit der Bekanntgabe Anfang Jahr auch Kritik gegen das Vorhaben. Die veranschlagten Kosten von rund 250 Millionen Euro halten manche laut einem weiteren Echo-Beitrag für zu hoch. In die Quere kommt dem Projekt auch der Klimaschutz. Hier setzen die Ortsgruppe Stuttgart von Architects for Future und Fridays for Future Stuttgart an. Architects for Future veröffentlichte im November einen Brief, in dem sie sich deutlich gegen den geplanten Abriss und Neubau der Halle im Kontext des gültigen Klimavorbehalts der Stadt Stuttgart bei allen städtischen Bauvorhaben positionieren. Die Verfasser meinen, das Ziel der Klimaneutralität 2035 sei für Stuttgart nicht vereinbar mit weiteren Abriss-Neubau-Großprojekten. Hunderte Millionen Euro für einen Ersatzneubau der Unterhaltungsindustrie könne sich die Stadt im Angesicht der Klimakrise nicht mehr leisten. Stattdessen sollten diese Gelder in die Flächenentsiegelung und Klimaanpassungsmaßnahmen, den Ausbau des ÖPNV und eine sozial-gerechte Energiewende investiert werden. Eine rücksichtslose Abrisskultur und ein »Schneller, Höher, Weiter« dürfe in unserer heutigen Baukultur kein Ansatz mehr sein. Stuttgart soll Vorreiter in der Umbaukultur werden. 
Der definitive Entscheid zur Zukunft der Halle steht noch aus. Es wäre gut, wenn der Widerstand von einem konkreten Alternativplan für die Zukunft der bestehenden Halle begleitet würde.

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