Beitrag zum urbanen Kontext
Peter Petz
10. April 2013
Blick von der Sternwarte auf das Stadtquadrat B6 (Foto: Auslober)
wulf architekten gewinnen den Wettbewerb um ein Forschungs- und Lehrgebäude mit Kindertagesstätte und eines städtebaulichen Konzepts für die Stadtquadrate A5 und B6 in Mannheim. Tobias Wulf stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Die Mannheimer Stadtquadrate weisen nach wie vor baulich und freiräumlich undefinierte Lücken auf. Welche Aufgaben für ein tragfähiges städtebauliches Gesamtkonzept für die Quadrate A5 und B6 hatten Sie zu bewältigen?Es ging in erster Linie um die Wiederherstellung der typischen Stadtquadrate, also um Stadtreparatur und -Ergänzung. Die Blockränder werden mit einer normalen Bautiefe von circa 13m ausgebildet, während sich die Gebäudeteile mit größerer Bautiefe in Form von Einstülpungen in das Blockinnere entwickeln. Dadurch wird der sehr große Freiraum gegliedert und seine Durchwegungen baulich eingeleitet. Es entsteht wieder ein homogener Stadtkörper mit einheitlicher Traufhöhe, der den bisher lückenhaften Stadtprospekt von Süden im Zusammenhang mit der Schlossanlage komplettiert. Diese stadträumliche Wirkung entsteht bereits mit dem ersten Bauabschnitt, der den südlichen Bereich des Stadtquadrates B6 belegt. Die davorliegende Bebauung auf A5 ist so ausgebildet dass sich der Straßenraum nach Osten zur historischen Sternwarte hin öffnet. Diese Situation ist in der Visualisierung dargestellt.
Grünräume, Plätze, Lageplan
Wie kamen Sie zu den Baukörpern für das Forschungs- und Lehrgebäude mit Kindertagesstätte und welche Freiraumqualitäten schlagen Sie vor?Das Volumenkonzept für die Baukörper ergibt sich aus der städtebaulichen Konzeption mit schmalem Blockrand und breiten Einstülpungen. Diese Mischung entspricht den Anforderungen an ein modernes Universitätsgebäude. Wichtig war dabei auch, dass einzelne Bauabschnitte nicht als Fragmente erscheinen. Die tieferen Gebäudeteile eignen sich für großflächigere Nutzungen wie Seminarräume und studentische Gruppenarbeitsplätze oder auch die relativ große Kindertagesstätte, die in das Gebäudevolumen im Erdgeschoß integriert ist. Das im Stadtquadrat B6 ungewöhnlich großräumige Blockinnere wird infolge der Einstülpungen des Blockrandes in maßstäbliche Einzelbereiche gegliedert. Diese sollen unterschiedliche Nutzungen aufnehmen wie beispielsweise die besonnte, vom Gebäude abgerückte Außenspielfläche der Kita.
Erdgeschoss und Regelgeschoss
Schnitte
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?Neben dem Volumenkonzept haben wir besonderen Wert gelegt auf ein äußeres Erscheinungsbild, das sich nicht mit solitärem Gestus in den Vordergrund stellt, sondern als Beitrag zum urbanen Kontext versteht. Die Fassaden sind als homogen durchlaufendes Thema mit quadratischen Lochfenstern in regelmäßigem Rhythmus ausgebildet. Diese klare Primärgliederung bildet das Ostinato für ausgeklügelte Detailentwicklungen wie die optischen Vergrößerungen der Fenster durch mehrfach gestufte Rahmung oder die fächerartig geschuppten Ausfachungen im Erdgeschoß, die immer Richtung Eingang weisen.
Blick Richtung Sternwarte
Welche Besonderheiten hinsichtlich Konstruktion und Material zeichnen Ihren Vorschlag aus?Die konstruktive Struktur ist als Stahlbetonskelett konzipiert, die grundsätzlich eine hohe Flexibilität im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen im Hochschulbau ermöglicht. Die Fassaden sollen mit Betonfertigteilen bekleidet werden, die in Sand- bis Grautönen unterschiedlicher Intensität die Plastizität der Primärgliederung steigern. Von Bedeutung sind dabei auch die ungeteilten quadratischen Fensterformate. Durch diese Maßnahmen soll sich der Neubau auf selbstverständliche und ungekünstelte Weise in den historischen Mannheimer Kontext einfügen, ohne seine Entstehungszeit zu verleugnen, eine Haltung die man mit dem Begriff zeitgemäßes Weiterbauen zusammenfassen kann.
Detail
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?Es ist Wunsch der Universität, den ersten Bauabschnitt zum Wintersemester 2015/16 in Betrieb zu nehmen. Die weiteren Bauabschnitte dienen als letztes Erweiterungspotential für den Innenstadtstandort der Universität Mannheim und sollen realisiert werden, sobald die Mittel zur Verfügung stehen, den bereits vorhandenen Bedarf zu decken.
Modell (Foto: Baumann fotografie, Frankfurt/M.)
Begrenzt offener Wettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren
Jury
Prof. Arno Lederer, Vors.
Prof. Ludwig Wappner
Prof. Jörg Aldinger
Prof. Markus Neppl
Claudia Reusch
Annette Ipach-Öhmann
1. Preis
wulf architekten
Stuttgart
2. Preis
pbr Planungsbüro Rohling
Braunschweig
3. Preis
Kleihues + Kleihues
Berlin
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