Heinrich-König-Platz, Gelsenkirchen
Mehr Ordnung in der Stadt
Stefan Bernard Landschaftsarchitekten
5. July 2017
Zwei imposante Kirchenarchitekturen fassen den Heinrich-König-Platz
Stefan Bernard Landschaftsarchitekten schaffen auf dem Heinrich-König-Platz in Gelsenkirchen ein differenziertes Nebeneinander von Bewegung- und Ruhebereichen. Stefan Bernard über einen Umbau im Bestand.
Projekt: Heinrich-König-Platz, Gelsenkirchen | Architektur: Stefan Bernard Landschaftsarchitekten, Berlin mit Philipp Sattler | Bauherr: Stadt Gelsenkirchen | vollständige Bautafel siehe unten
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Ausgangslage war ein überdimensionierter, raumgreifender U-Bahn-Zugang, quasi ein «Loch» aus den 1980er Jahren. Der Zugang sollte überdeckelt werden, um Platz für einen neuen Stadtraum zu schaffen. Charakteristisch für den Heinrich-König-Platz war und ist seine heterogene Bebauungsstruktur sowie die Tatsache, dass definierende Raumkanten fehlen. Dies im Unterschied zu den benachbarten Stadträumen Neumarkt sowie Bahnhofs- bzw. Ebertstraße, die baulich klar gefasst sind.
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Den Heinrich-König-Platz haben wir als eigenständigen Baustein in einer bestehenden Raumfolge zwischen Bahnhof, Neumarkt und Ebertstraße (mit Hans-Sachs-Haus und Musiktheater im Revier) interpretiert und in diesem Sinne entwickelt. Die beiden prägenden Türme der Propsteikirche und der Altstadtkirche wollten wir dabei als identitätsstiftende Strukturen herausarbeiten.
Die Aufbauten für die U-Bahn-Zugänge sowie der neue «Georgshain» dienen als «Umlenker der Bewegung» sowie als Maßstabsvermittler im Raum. Den Gebäuden vorgelagerte «Bänder» dienen darüber hinaus als Zonenbildner und trennen subtil ruhigere, hausnahe Bereichee (z.B. für Gastronomie etc.) vom bewegten Zentrum des Platzes. Als besondere Orte sind die Bänder aus farblich abgesetzten, großformatigen Betonplatten ausgeführt und konzentrieren Funktionen wie Möblierung, Licht, Baumpflanzungen, Entwässerung sowie taktile Streifen.
Der Georgshain an der Propsteikirche als Ruhepol innerhalb des bewegten Stadtzentrums
Der Neumarkt bietet Raum für Gastronomie und verschiedene Veranstaltungen
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?
Der Entwurf hat die gegebene Situation durch Entnahme von störenden, Hinzufügen von sinnhaften und Inszenierung von bestehenden Elementen geklärt und eindeutig hierarchisiert. Die Kirchen sind jetzt räumlich freier gestellt, was ihnen angemessene Würde und Präsenz verleiht. Die ruhige, einheitliche Oberflächengestaltung aus warmgrauem Pflaster im Schiffsverband ist der Fußbodengestaltung der Probsteikirche entlehnt. Die Randbereiche zu den Gebäudeanschlüssen werden durchgängig mit Kleinsteinpflaster gerahmt. Mit dem «Georgshain» wurde eine neue Raumintervention in Anlehnung an ein historisch bedeutsames, ehemaliges Gebäude eingeführt. Unter neu gepflanzten Bäumen entstand hier ein ruhiger, schattiger Ort mit frei verteilten Sitzelemente und einem Wasserspiel zum Verweilen.
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Die Planung erfolgte in enger Abstimmung und im intensiven Austausch mit Bürgervertretern, der städtischen Verwaltung sowie des Denkmalamtes. Darüber hinaus zeichnet den Platz seine umfassende Barrierefreiheit aus, welche in einer Vielzahl von Workshops und gemeinsamen Bemusterungen mit Vertretern der Behindertenverbände optimiert wurde.
Strukturbänder ordnen den Platz und bündeln Funktionen wie Möblierung, Licht, Baumpflanzungen, Entwässerung sowie taktile Streifen
Die Gelsenkirchener Sitzbank wurde zu Sesseln, Stühlen und Hockern weiterentwickelt
Blick über die Ahstraße Richtung Altstadtkirche
Übersichtsplan aus dem Wettbewerb in 2009
Entwurfskonzept
vorheriger Zustand
Projekt
Heinrich-König-Platz
45879 Gelsenkirchen
Nutzung
Stadtplatz
Auftragsart
Beauftragung nach gewonnenem Wettbewerb
Bauherr
Stadt Gelsenkirchen
Architektur
Stefan Bernard Landschaftsarchitekten, Berlin mit Philipp Sattler
Stefan Bernard, Sandra Rösler (Projektleitung), Kerstin Grotewal, Fabian Lux, Matthias Schlosser, Agata Waszczuk
Fachplaner
U-Bahn-Zugänge: Büro Krampe Schmidt Architekten
Brunnentechnik: ifw Ingenieurbüro für Wassertechnik
Überflutungsschutz: Büro Dahlem Beratende Ingenieure GmbH & Co. Wasserwirtschaft KG
Lichtplanung: Emscher Lippe Energie GmbH, Bereich T-NB Straßenbeleuchtung
Statik: Büro Zerna Planen und Prüfen GmbH
Bauleitung
Planungsbüro DTP Landschaftsarchitekten
Ausführende Firmen
Verkehrswege- und Landschaftsbauarbeiten : Fa. Boymann GmbH & Co KG
Öffentliche Straßenbeleuchtung/ Elektro: Emscher Lippe Energie GmbH
Materilien
Betonsteinelemente (Pflaster, Stufen, Sitzblöcke, Einfassungen, Baumscheiben, Blindenleitsystem, Brunnensteine) von der Fa. Klostermann GmbH & Co. KG - Betonwerke
Pflasterdecke aus Naturstein, Diorit von der Fa. Besco
Wassergebundene Wegedecke von der Fa. Tegra
Entwässerungsrinnen mit Doppelschlitzaufsatz/ Gussrostabdeckung von Fa. Hauraton
Straßenablauf mit Gusseisenaufsatz von Fa. Aco
Ausstattung
Bänke Modell Gelsenkirchen und daraus entwickelte Sessel, Stühle, Hocker (Entwurf SBL) von der Fa. L.Michow & Sohn GmbH
Abfallbehälter von der Fa. Benkert Bänke
Absperrpoller von der Fa. ABES Public Design
Fahrradständer von der Fa. Gafög GmbH
Unterflurverteiler von der Fa. MTechnik GmbH
Fahnenstange von der Fa. Frank Bräuer GmbH & Co.KG,
Gesamtfläche
17.000 m²
Gesamtkosten
ca, 4.800.000 €
Fertigstellung
2017
Fotos
Hartwig Heuermann, Heuermann Fotografie, Coesfeld
Projektvorschläge
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