Haltestellen der Straßenbahn Nordstadt/Heide

Unspektakulär und deswegen große Klasse

30. September 2008

Haltestellen der
Straßenbahn Nordstadt/Heide
2007

Erzberger Straße
76133 Karlsruhe

Auftraggeber
Verkehrsbetriebe Karlsruhe
Karlsruhe

unterstützt
vom Stadtplanungsamt
vom Tiefbauamt
vom Gartenbauamt
der Stadt Karlsruhe

Architektur
Alfred Peter Paysagiste
Strasbourg
Alfred Peter
Michel Fox

STOA architecture
Marseille
Thierry Ciccione
Kerstin Brandstäter

Werkgemeinschaft Karlsruhe
Karlsruhe
Mathias Christoffel

Tragwerksplanung
Piontek+Partner
Architekten und Ingenieure
Ettlingen
Jochen Piontek

Fotografie
Wilfried Dechau




Unspektakulär und deswegen große Klasse: Haltestellen mit dezentem Ornament.

Von einer Straßenbahnhaltestelle darf man einiges erwarten: Dass man sich schnell orientieren kann. Auf einen Blick muss erkennbar sein, wie die Haltestelle heißt, wie sie in das gesamte Netz einzuordnen ist, wohin die Fahrt geht, wo man ein Ticket kaufen kann, wann und wohin die nächste Bahn fährt. Dass man sich bei Regen unterstellen kann und von vorbeifahrenden Autos nicht nass gespritzt wird. Dass man möglichst bequem in die Bahn einsteigen kann und bei Haltestellen am Stadtrand möchte manch einer das Fahrrad, mit dem er zur Haltestelle geradelt ist, unterstellen können. Gehbehinderte können erwarten, dass der Zugang zur Haltestelle (und zur Bahn) möglichst barrierefrei ist. Sehbehinderte und Blinde können erwarten, dass ihnen die Orientierung mit speziell strukturierten Streifen erleichtert wird. Wer daneben auch noch Ansprüche an Entwurf, Farbgestaltung und Produktdesign stellt, hat oft genug resigniert feststellen können, dass man froh sein kann, wenn wenigstens die Basics stimmen.

Begrüntes Gleisbett, Haltestellen mit und ohne Dach.

Bei der zum Stadtteil Heide führenden Erweiterung der Karlsruher Straßenbahnlinie 3 stimmt alles, von der Trassenführung bis zum scheinbar nebensächlichsten Detail der sechs neuen Haltestellen. Nicht nur die erwartbaren Funktionen werden erfüllt, auch das Auge wird (mehr als) befriedigt. Das beginnt schon mit den Gleisen. Man sieht kein schmutzigbraunes Schotterbett. Stattdessen »hochflorigen« Rasenteppich, in dem die Gleise optisch fast verschwinden. Nur dort, wo es nicht zu umgehen war, wurde gepflastert. Die Bahnsteige liegen kaum mehr als eine normale Stufenhöhe über dem normalen Straßenniveau. Der minimale Niveau-Unterschied reicht, um vom Bahnsteig aus stufenlos in die Bahn einzusteigen – ohne zu steigen. Und man gelangt ohne Mühe auf direktem Weg zum gegenüberliegenden Bahnsteig. Haltestellendächer, Fahrradunterstände, Spritzschutzwände, Geländer, Infotafeln, Leuchten, Bänke sprechen formal die gleiche Sprache. Das gesamte Bahnsteigmobiliar wurde nicht aus verschiedenen Katalogen zusammengestoppelt, es ist aus einem Guss, einfach, klar, sachlich (hier würde endlich einmal das Wort unprätentiös passen, das durch inflationären Gebrauch in Architekten-Texten leider schon verbraucht ist).

Das Mobiliar wurde nicht irgendwo irgendwie abgestellt, sondern präzise auf die Fugen des Bahnsteiges abgestimmt – manch ein Fliesenleger könnte sich ein Beispiel daran nehmen. Ein einziges Ornament – ein Blatt – wiederholt sich im Belag und auf den Schutzscheiben der Haltestellen. Und alles zusammen sieht dann so selbstverständlich aus, dass man den von Passanten oft hört, was man denn daran finde, das sei doch alles ganz einfach. Man kann darauf nur entgegnen: Es ist ein großer Irrtum anzunehmen, das Einfache sei einfach (zu entwerfen). Das Einfache verlangt Meisterschaft. Oder man kann empfehlen, in Stuttgart einmal mit der neuen Linie 15 beispielsweise zum Heidehof zu fahren: Da müssen viele Kataloge gewälzt worden sein, es wurde viel Schnickschnack hingestellt – aber es passt eines nicht zum andern. Spätestens hier beginnt auch der Laie zu verstehen, wie schwierig das Einfache ist.
Wilfried Dechau

Schnitt Haltestellendach mit Verkleidung und Beleuchtung, Vorder- und Rückansicht

Haltestellen der
Straßenbahn Nordstadt/Heide
2007

Erzberger Straße
76133 Karlsruhe

Auftraggeber
Verkehrsbetriebe Karlsruhe
Karlsruhe

unterstützt
vom Stadtplanungsamt
vom Tiefbauamt
vom Gartenbauamt
der Stadt Karlsruhe

Architektur
Alfred Peter Paysagiste
Strasbourg
Alfred Peter
Michel Fox

STOA architecture
Marseille
Thierry Ciccione
Kerstin Brandstäter

Werkgemeinschaft Karlsruhe
Karlsruhe
Mathias Christoffel

Tragwerksplanung
Piontek+Partner
Architekten und Ingenieure
Ettlingen
Jochen Piontek

Fotografie
Wilfried Dechau




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