Lehr- und hilfreich

Es ist wohl eines der Projekte, die man als Beteiligter, sei es als Student oder Mitarbeiter der Universität, nicht mehr vergisst. Vermittelt durch den österreichischen Verein S2ARCH (social and sustainable architecture) haben im Sommersemester 2007 Studenten der TU München in einem Township von Johannesburg einen neuen Kindergarten geplant und mit Unterstützung der Menschen vor Ort realisiert. Hier leben die ausschließlich schwarzen Bewohner in einfachsten Behausungen, größtenteils Wellblechhütten. Auch die soziale Infrastruktur ist völlig unzureichend. Um die Not zu lindern, wurde ein ebenfalls in einer Blechbaracke untergebrachter Kindergarten durch einen Neubau ersetzt. Das ist mehr als praxisnahe Lehre: Die Studenten erhielten einen Einblick in sozialen Zusammenhang, in dem Architektur und Bauen direkt und unmittelbar wirkt.

Die Planung fand im Lehrbetrieb an der TU München in den letzten beiden Semestern statt, in der vorlesungsfreien Zeit des Sommersemesters traten dann Studenten und Lehrende die Reise nach Südafrika an, um das Projekt zu verwirklichen. Dank der tatkräftigen Unterstützung der Menschen vor Ort konnte dann tatsächlich am 30. September der Kindergarten nach sechswöchiger Bauzeit eingerichtet werden.
Der Entwurf folgte dem Ziel einfache, leicht erhältliche, nachhaltige und vor Ort verfügbare Baumaterialien einsetzen zu können. Kubische Räume sind der Topographie folgend angeordnet. Ein offener Flur mit Eingangs- und Aufenthaltsbereichen unter einem flach geneigtem Dach verbindet die abschließbaren Räume, die in zwei Spangen angeordnet sind. Die Räume für Verwaltung, Küche, Lager sind dem Eingangsbereich zugewandt, die Gruppenräume für bis zu 80 Kinder orientieren sich zum Spielbereich.
Das auskragende Dach bietet schattige Räume im Freien und erfüllt bauphysikalisch-raumklimatische Funktionen. Der Luftraum zwischen den Räumen und der Überdachung verhindert, dass sich Raumluft im Sommer zu sehr aufheizt. Bei steilem Sonnenstand liegen die Außenwände im Schatten, im Winter kann die niedrig stehende Sonne über Fenster und Fassaden die Räume erwärmen; das ist auch nötig, weil keine Heizung fest installiert werden konnte.

Der offene Bereich der überdachten Flächen wurde mit farbigem Ortbeton befestigt, in sie wurde ein kleiner Sandspielkasten integriert, sie leiten zu den übrigen Bereichen der Freianlagen über.
Der Spielbereich im Freien konzentriert sich an einem ehemaligen, aufgebrochenen Zisternenring. Er wurde gesichert, bunt angestrichen, sein Boden aufgebrochen und umgeformt sowie über Geländemodellierung und Gerätschaften für das Kinderspiel aufgewertet. Eine Seilüberspannung ermöglicht das Balancieren und Hangeln.
Auf der Südseite des Gebäudes – in Südafrika ist das die Schattenseite –, zur kaum befahrenen Straße hin, wurde der Boden für eine Bewirtschaftung mit Gemüse- und Zierpflanzen vorbereitet, die etwas abgelegeneren Bereiche sind als winterkahle Rasenflächen angelegt, ergänzt durch vereinzeltes Spielmobiliar und stabile Mauer- und Fundamentreste früherer Nutzer für weitere Spielmöglichkeiten.
Um das Projekt durchführen zu können und die dafür notwendigen Sponsoren gewinnen zu können, wurde der Verein “Bauen für Orange Farm” gegründet. Der Verein will nun dafür sorgen, dass der Kindergarten weiterbestehen und regelmäßig gewartet werden kann – Spendengelder sind also weiterhin willkommen.
Christian Holl