Parkpalette, Coesfeld-Lette
Auch der Nachwuchs kann’s
8. August 2007
Dank des intelligenten, Platz sparenden Organisationsprinzips konnte vor dem Parkhaus Freifläche gewonnen werden, die in den von Peter Wirtz gestalteten Firmencampus eingebunden wurde.
Für Architekturfreunde ist Coesfeld-Lette und der dortige Firmencampus von Ernsting’s family kein weißer Fleck auf der Landkarte. Hier agiert ein Bauherr mit einem Verständnis für die Bedeutung von Architektur, wie man es gerade im Gewerbe- und Industriebau oft vermissen muss. Dass die Architektur für die Mitarbeiter wichtig ist, als CI auch dem Unternehmen dient, ist das eine, dass dies aber auch nicht auf Kosten der Umgebung gehen soll, sondern sich die Bauten in ihr Umfeld einfügen sollen, das andere. Bauten von Bruno Reichlin, Fabio Reinhart und Santiago Calatrava, von Johannes Schilling und von David Chipperfield zeugen davon, wie ernst es hier mit diesen Ansprüchen gehalten wird. Nun ist ein weiteres Gebäude hinzugekommen, das diese Ansprüche erneut bestätigt und um einen weiteren ergänzt: dem Nachwuchs eine Chance zu geben.
Zwischen den beiden Rampensystemen wurde ein Zwischenraum belassen, der sich über eine Fuge auch in der Gliederung der Baukörper nach außen abzeichnet.
Den unter ausgewählten Architekturdiplomanden ausgeschriebenen Wettbewerb für den Bau eines Parkhauses gewannen 2004 die Stuttgarter Stephan Birk und Liza Heilmeyer.
Der lineare Baukörper schließt den Firmencampus nach Westen zum dort angrenzenden Wohngebiet ab. Dank einer auf das Konstruktionsraster abgestimmten Fassade aus auf Abstand gesetzten, 4 Zentimeter breiten und 10 Zentimeter tiefen Kanthölzern fügt sich das Gebäude in das Umfeld ein, belastet nicht das Wohngebiet, es wird aber auch ein freundlicher und heller Innenraum geschaffen. Der 127 Meter lange Bau aus einer Stahlverbundkonstruktion bietet 500 Stellplätze.
Raum zwischen den beiden über Mittelkonsolen miteinander verbundenen Rampen.
Wesentlich zum Wettbewerbsgewinn beigetragen hat aber vor allem das intelligente Organisationsprinzip. In der Art von zwei sich umeinander windenden Wendeltreppen wurden zwei mit 3,2 Prozent Steigung und der angenehmen Geschosshöhe von etwas über drei Metern versehenen Parkrampen symmetrisch gegeneinander gesetzt und über waagrechte Mittelkonsolen miteinander verbunden; hier können zwischen beiden Rampen gewechselt werden. Mit diesem Prinzip konnte der Platz für Auffahrtsrampen und Spindeln gespart werden, konnten Zu- und Abfahrt von einander getrennt werden. Ein 2,40 Meter tiefer Luftraum zwischen den beiden Rampensystemen sorgt für Belichtung und nimmt zwei einläufige Treppen auf.
Über die volle Gebäudehöhe verläuft ein Knicktor, das über ein Kettenantrieb geöffnet und geschlossen wird, in geschlossenem Zustand liegt das Tor plan in der Fassade. Das ist nun eine besonders unauffällige, aber interessante Form der CI: In Variationen findet sich dieses Prinzip nun zum dritten Mal auf dem Firmencampus. Wir sind schon auf die vierte gespannt.
Christian Holl
Organisationsprinzip
Lageplan
Grundriss
Schnitt
Parkpalette
Firmencampus
Ernsting’s family
2007
Industriestraße
48653 Coesfeld-Lette
Auftraggeber
Ernsting's Bau und Grund GmbH & Co. KG
Coesfeld-Lette
Architektur
Birk und Heilmeyer Architekten
Stuttgart
Projektleiter
Liza Heilmeyer
Stephan Birk
Bauleitung
Pfeiffer Ellermann Preckel GmbH
Lüdinghausen
Tragwerksplanung
Knippers Helbig Beratende Ingenieure
Stuttgart
Haustechnik
Winkels Behrens Pospich
Münster
Landschaftsarchitektur
Wirtz International
Schoten (B)
Brutto-Rauminhalt
27.768 cbm
Brutto-Grundfläche
13.450 qm
Baukosten
3,5 Mio. EUR
Fotografie
Christian Richters