Kanzlerbungalow
Die Bonner Republik
8. de maig 2009
Sep Rufs Meisterwerk – die Eingangsseite des Kanzlerbungalow.
Seit Mitte April lässt sich in Bonn endlich ein Beispiel herausragender Architektur der frühen Bonner Republik besichtigen. Mit einem dezenten Repräsentationsbereich und einem vergleichsweise bescheidenen Wohntrakt hatte Sep Ruf 1963-64 den Kanzlerbungalow für Ludwig Erhard gebaut, dessen Nachbar und Architekt er bereits zuvor am Tegernsee gewesen war. Etwas um seiner selbst Darstellen lag weder dem Kanzler, noch Sep Ruf. Funktional gut durchdacht, knüpfte Ruf an ein Raumverständnis an, mit dem Mies van der Rohe und Richard Neutra vor dem Krieg wunderschöne Häuser gebaut hatten. In Bonn strukturierte Ruf den Grundriss sinnfällig und in glänzender Reaktion auf die Topographie am Rheinufer. Hochwertige Materialien, Einbauschränke, versenkbare Wände und raumhohe Fensterscheiben fügte er zu einem Ambiente, in dem sich Ludwig Erhard wohl fühlte, das Loki und Helmut Schmidt zusagte, an dem Kiesinger mäkelte, das Helmut und Hannelore Kohl aber kräftig umbauten.
Das Interieur des Repräsentationsbereichs 2009.
Seit 2001 stand der seit 1999 ungenutzte Kanzlerbungalow unter Denkmalschutz. Dank des Engagements der Wüstenrot Stiftung wurde er innerhalb von zwei Jahren saniert – im repräsentativen Teil ist der Urzustand zu Rufs und Erhards Zeiten wiederhergestellt, im Wohntrakt blieben die meisten Spuren der jeweiligen Kanzler und Gattinnen erhalten. Zuständig für den Bau ist jetzt das Haus der Geschichte in Bonn. Alles in allem hatte sich der Bungalow gut gehalten. Vollkommen in Ordnung war das Stahltragwerk; nicht als undicht, aber erneuerungsbedürftig erwies sich allein das Flachdach. Ein kleines Problem ergab sich außerdem an den Thermopenscheiben, die in L-Profilen aus Stahl lagerten; diese Profile waren besorgniserregend korrodiert. Sie wurden aber jetzt nicht ausgetauscht – das Verfahren wäre für die Originalscheiben riskant gewesen –, sondern mit einem hochfesten Quellmörtel unterfangen. Ausgetauscht wurden lediglich die Traufbleche, die an den Halteblechanschlüssen korrodiert waren. Empfindliche Teile, wie die Motoren der Markisen, mussten im Großen und Ganzen nur instandgesetzt werden.
.... und 1964, damals aufgenommen von Paul Swiridoff.
Der Kanzlerbungalow entstand zu Beginn des so genannten Wirtschaftswunders, in dem das Traumhaus des braven Bürger in baubare Nähe rückte. Was sich die Politik damals leistete, schien zwar teuer – der Kanzlerbungalow kostete seinerzeit immerhin über zwei Millionen Mark. Aber mit den bürgerfernen Repräsentationsgesten der Berliner Regierungsbauten verbindet ihn nichts. Gleichwohl fügt sich der Pavillon in die Reihe der international vergleichbaren Architektur – wie Downing Street 10 – in herausragender Qualität ein, die jetzt endlich in Augenschein genommen werden kann: Anmeldungen unter 0228 9165 400, Einzelbesucher im Rahmen einer Turnusbegleitung jeweils sonntags, 14 Uhr.
Ursula Baus
Der Kanzlerbungalow im Urzustand 1964
Die Umbauten durch Helmut und Hannelore Kohl.
Kanzlerbungalow
2009
Adenauerallee 139-141
53113 Bonn
Auftraggeber
Wüstenrot Stiftung
Ludwigsburg
Eigentümerin
Bundesrepublik Deutschland
vertreten durch das BMZ
Architektur
Sep Ruf
Burkhardt + Schumacher
Braunschweig
Projektleiter
Berthold Burkhardt
Martin Schumacher
Burkhardt + Schumacher
Braunschweig
Denkmalpflege
Rheinisches Amt für Denkmalpflege
Pulheim
Fachplanung HLS
Ingenieurbüro Hausladen
Kirchheim
Fachplanung Elektro
Alhäuser + König GmbH
Hachenburg
Außenanlagen
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
Angela Kauls
Brandschutzgutachten
Kempen Krause Ingenieurgesellschaft
Aachen
Fotografie
Paul Swiridoff, Tomas Riehle |
Wüstenrot Stiftung