Mensa der Schule auf dem Tempelhofer Feld
Nuancenreiche Übergänge
23. Februar 2010
Eine originelle Konstruktion lenkt den Blick ins Freie. Die Bohlen begrenzen die Durchbiegung der Dachplatte, müssen aber nicht auf den Wänden aufgelagert werden.
Rechtzeitig im Jubiläumsjahr zum 50-jährigen Bestehen der Grundschule auf dem Tempelhofer Feld konnte im vergangenen Oktober die neue Mensa eingeweiht werden. Sie gehört zum Programm, mit dessen Hilfe Grundschulen im Land für den Ganztagesbetrieb ertüchtigt werden. Wenn auch ein kleines Vorhaben, so war es doch eine Herausforderung, den Mensabau innerhalb nur weniger Monate – in den Sommerferien – zu errichten. Drei Monate betrug am Ende die Bauzeit, etwa 300 Schüler nehmen nun die Ganztagsbetreuung in Anspruch. Mit dem Neubau wird der windmühlenartig in drei Gebäudeflügeln organisierte Hauptbau zur Straße hin um einen vierten, kürzeren Flügel ergänzt. Das Konzept, das möglichst viele zum Freien orientierte Flächen schafft und so Innen und Außen eng miteinander verwebt, wurde fortgeführt und erweitert. In der kleinen, feinen und mit viel Liebe zum Detail errichteten Mensa wird das Thema des Übergangs zwischen Innen und Außen auf vielfältige und originelle Weise behandelt. Eine große, über die Gebäudebreite geführte Glasfaltwand öffnet die Mensa zum Freiraum, über die Knicke in der Glaswand wird der Übergang komplexer und nuancenreicher. Jenseits der Glasfassade schließt ein Holzdeck an, lässt Öffnungen für die Bäume, die bereits vorher hier standen, und senkt sich zu einer Sandfläche hin ab.
Durch die Konstruktion ergibt sich bei angeschalteter Beleuchtung ein Lichtspiel, das entfernt an eines unter Blattwerk erinnert. Im Sinne dieser Stimmung sind auch die dezenten Farben gewählt.
Das Dach der Mensa schiebt sich über den Baukörper hinaus ein Stück weit über das Holzdeck, seine sichtbare, außergewöhnliche Konstruktion vermittelt auf unkonventionelle Weise zwischen Innen- und Außenraum, zwischen Bäumen und Haus – reichen doch die Äste einer 50 Jahre alten Eiche über den Neubau. Statt einer üblichen Leimholzbinderkonstruktion wurde eine aus Konstruktionsvollholz entwickelt, in der kürzere Spanten aus Berliner Baubohlen (zwischen 80 und 380 Zentimeter lang) mit einer 50 Zentimeter starken Dachscheibe aus schichtverleimten Furnierplatten kraftschlüssig verbunden wurden, um deren Durchbiegung zu begrenzen. Die Spanten laufen nicht durch, sie werden nicht gestoßen, ein Spielraum entstand für verschieden lange Spanten und deren Abstand untereinander. Innerhalb dieser Regeln wurden die Spanten so angeordnet, dass sich eine Richtung ergibt, ein geordnete, rhythmische, aber keine starre Struktur, die an das Astwerk eines Baumes orientiert.
Ein Deck aus Eichenholz setzt den Innenraum fort und verbindet beide Zonen miteinander.
Bevor die Kinder in diesen großen Raum kommen, werden sie durch ein Foyer und einen Raum zur Ablage der Schultaschen in kühlen leichten, Blautönen geleitet, an den sich wiederum ein niedrigerer, introvertierter Übergang anschließt, der lediglich von einem Oberlicht erhellt ist. Dann erst betreten sie den sich zum Grün öffnenden Raum, aus dessen Wänden die Spanten zur Decke führen und von dort ins Freie leiten.
Christian Holl
Perspektive
Isometrie Lageplan und Grundriss mit Abwicklung der Wand- und Deckenflächen als Faltmodell.
Schnitt
Mensa der Schule
auf dem Tempelhofer Feld
2009
Schulenburgring 7
12101 Berlin
Auftraggeber
Bezirksamt
Tempelhof-Schöneberg
Architektur
ludloff + ludloff
Berlin
Projektleitung
Corinna Noack
Haustechnik
Riethmüller.Plan
Berlin
Tragwerksplanung
Arup Ingenieure und Planer
Berlin
Bauphysik
Müller BBM
Berlin
Akustik
Akustik Ingenieurbüro Moll
Berlin
Bruttogeschossfläche
280 m²
Baukosten
800.000 €
Fotografie
www.christiangahl.com (1)
Werner Huthmacher (2, 3)