Kunstuni in der Designstadt
MGF Architekten
14. 2月 2018
Renaturierung und Neubau (Foto: Kölbl Kruse)
MGF Architekten haben den Neubau der Folkwang Universität der Künste in Essen fertiggestellt. Jan Kliebe berichtet über das Projekt, das in Nachbarschaft zum UNESCO-Weltkulturerbe Zeche Zollverein geplant wurde.
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?In der Tat hat uns die Entwurfsaufgabe im Rahmen des Wettbewerbes, der bereits im Jahr 2009 ausgelobt worden war, von Anfang an sehr motiviert. Das Gelände der Zeche Zollverein, das als UNESCO-Weltkulturerbe eingetragen ist, bot zum Einen durch seine Bestandsbauten (Schupp und Kremmer Architekten) sowohl geometrisch als auch materiell viele Anknüpfungspunkte. Zum Anderen gab es die Vorgaben des städtebaulichen Masterplanes der Designstadt (Kaspar Krämer Architekten). Nicht zuletzt steht der abstrakte Betonwürfel von SANAA in unmittelbarer Nähe und rundet das Besondere des Ortes in architektonischer Hinsicht ab.
Aus Stahl und Stein errichtete große Volumina prägen den Ort; teilweise von der Natur zurückgewonnene, überwucherte Flächen als vorgefundene Geometrien beeinflußten den Entwurf. Die geplante Designstadt mit einem vorgesehenen Nutzungsmix aus Hotel, Designgewerbe, Universität und Wohnen besticht durch die geometrische Ordnung, die auf dem Zechegelände zu finden ist. Als Herausforderung haben wir die Gliederung der großen Programmfläche des Universitätsneubaus in der Struktur der Designstadt angenommen. Das Gebäude ist eine Konstellation aus unterschiedlich großen Kuben mit eingeschnittenen Höfen und Atrien. Der Haupteingang orientiert sich zur grünen, allee-artigen Haupterschließung der Designstadt und bildet städtebaulich einen angepaßten aber dennoch kraftvollen Abschluss des Areals.
Im Hintergrund ein Kokerei-Kamin (Foto: Kölbl Kruse)
Foto: Kölbl Kruse
Das Gebäude ist Teil des Projekts „Designstadt“ – wie hat sich das auf das zu entwerfende Objekt ausgewirkt?Die ‚Designstadt’ auf dem Gelände der Zeche Zollverein ist die städtebauliche und ökologische Weiterentwicklung des Gebietes innerhalb der Mauern des UNESCO-Weltkulturerbes. Eine Nachverdichtung des gut erschlossenen Areals und eine dauerhafte Belebung durch eine Kunstuniversität neben dem von OMA gestalteten Museum und weiteren Kultur- und Freizeitnutzungen in und zwischen den bestehenden Bauten ist intelligent und sinnvoll.
Aus dem städtebaulichen Setting heraus wurde die Konfiguration der Baukörperreihung entwickelt. Vier unterschiedlich tiefe und hohe Volumen, die versetzt zueinander addiert werden, gliedern das große Raumprogramm sowohl städtebaulich als auch funktional. Durch das Verschieben der Kuben und das Beibehalten der Flurfluchten im Inneren entstehen unterschiedlich tiefe Raumzonen, die entweder Büroräume, Ateliers oder Seminarräume aufnehmen. Dieses Spiel der versetzten Flächen findet sich sowohl im Grundriss als auch in der Ansicht wieder und unterstreicht die geometrische Konzeption. Dieses Grundprinzip wurde vom Wettbewerb bis zum fertigen Projekt durchgehalten. Die Nutzerin hat die Idee der Raumfolge im Inneren von Anfang an unterstützt. Eine Verschiebung einzelner Räume innerhalb der vorgegebenen Konzept- Spielregeln konnte problemlos erfolgen.
Foto: Kölbl Kruse
Foto: Kölbl Kruse
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?Die Idee des monolithischen Baukörpers mit flächenbündigen Fensterbändern war im Wettbewerb tendenziell eine Betonfassade, die Darstellung erlaubte aber einen gewissen Interpretationsspielraum. Auf der Suche nach Alternativen zu Beton und Faserzement sind wir auf verzinkte Stahlplatten gestossen; Stahl ist als Material auf dem Zechegelände kein Novum, wohl aber mit dieser Oberflächentextur. Im Verlauf der Planung konnten sowohl die Bauherrin als auch das Gremium Zollverein – der Hüter der UNESCO – von der Wahl des Fassadenmaterials überzeugt werden. Ein angemessener Entwurf für diesen Ort und die Funktion.
Die innenräumliche Qualität des Entwurfes beruht auf der Abfolge der Lufträume in den Kuben. Das Atrium mit dem größten Volumen wird zum Herz des Hauses. Nach dem Betreten der Kunstuniversität beherrschen Licht und Luft die Wahrnehmung. Das Glasdach über dem fünfgeschossigen Luftraum steht in klarem Kontrast zu den dunklen, den Raum dominierenden Stahlflächen. Dieser Raum ist in jeder Ebene präsent und dient als Orientierungspunkt in der mäandrierenden Raumfolge. Wegräume im Wechsel mit Platzräumen bieten verschiedene Orte für die Präsentation der Kunstwerke der Studierenden. Durch die Geometrie und die Lage der Einschnitte ist die Orientierung im Gebäude einfach und klar.
Lageplan (Zeichnung: MGF Architekten)
Grundriss 3. Obergeschoss (Zeichnung: MGF Architekten)
Schnitt (Zeichnung: MGF Architekten)
2017
Martin-Kremmer-Straße 21
45327 Essen
Nutzung
Werkstätten, Labore, Ateliers, Seminarräume, Büros
Auftragsart
Architekturwettbewerb 1. Preis, anschließend (2 Jahre später) Bieterverfahren
Bauherrschaft
Welterbe Entwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG, Essen
Architektur
MGF Architekten GmbH, Stuttgart,
Armin Günster, Jan Kliebe, Daniela Grotz, Laura Klose
Fachplaner
msp Architekten, Dortmund
LWS Ingenieurgesellschaft für Tragwerksplanung mbH, Duisburg
Rache Engineering GmbH, Aachen
BSCON Brandschutzconsult GmbH, Essen
Förder Landschaftsarchitekten, Essen
THOR Bauphysik GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach
Bauleitung
Freundlieb Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Dortmund (als GU)
Ausführende Firmen
Freundlieb Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Dortmund (als GU)
Bruttogeschossfläche
18.900 m²
Gebäudevolumen
82.800 m³
Gesamtkosten
k.A.
Fotos
Kölbl Kruse, Essen