Flexibler Raum für Gründer

scholl.balbach.walker architekten
17. Februar 2016
Kontext – der Neubau fügt sich in Material und Kubatur selbstverständlich in den Campus ein (Foto: Hans Jürgen Landes)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

In der Offenheit der Nutzung. Das Gebäude soll Plattform für Unternehmensgründer im Hochtechnologiebereich sein. Dafür gibt es keine klar definierbare Nutzungsszenarien – wir haben uns im Spannungsfeld zwischen einem diszipliniertem Äußeren und der räumlichen Vielfalt im Inneren bewegt.

Straßensilhouette – Beton in Holz, ruhig und schlicht kombiniert (Foto: Hans Jürgen Landes)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Das Gebäude greift das Material Holz und die vertikale Fassadenstruktur der angrenzenden Hochschulbauten auf, Konstruktion und Raumgefüge unterscheiden sich jedoch grundsätzlich. Der Sockel aus Stahlbeton setzt sich als Plateau in die Freianlagen fort. Holz wird nicht nur als Außenschale und bei den Fenstern verwendet, sondern ist auch wesentlicher Bestandteil des Tragwerks und des Ausbaus. Aufgrund der hohen Lärmbelastung durch die angrenzende Bundesstraße können die angrenzenden Räume über sogenannte Klimahöfe, die in dem Gebäudekörper ausgespart sind, schallgeschützt natürlich belüftet werden.

Im Sockel integriert sind eine Trafostation und die Öffnungen der Lüftungsanlage (Foto: Hans Jürgen Landes) 
Inwiefern haben die Bauherrschaft und die späteren Nutzer den Entwurf beeinflusst?

Der Bauherr hat in allen Projektphasen an den wesentlichen Merkmalen des Wettbewerbsentwurfs festgehalten. Schwierig war jedoch, auf die während der Realisierung von Außen herangetragenen Nutzungswünsche ohne Zugeständnisse an das Gestaltungskonzept zu reagieren und Lösungen für die Integration zu finden.

Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Bis auf eine Reduzierung der Gebäudeabmessung nur geringfügig. Die Aufgabe bestand vielmehr darin, die gestalterischen Absichten trotz der Gesetze der Schwerkraft und trotz der zahlreichen baurechtlichen und sicherheitstechnischen Zwänge in eine funktionierende Konstruktion und Hülle zu transferieren und bis ins Detail durchzuhalten. Es geht ja nicht nur um die Fernwirkung und den Effekt aus der Distanz, sondern auch um die Qualität aus unmittelbarer Nähe.

Durch den tiefen Einschnitt in den Baukörper gehen am Gebäudezugang Innen- und Außenraum fließend ineinander über (Foto: Hans Jürgen Landes)
Gebäudekonstruktion und Außenwände bilden in Materialität und Struktur eine Einheit (Foto: Hans Jürgen Landes)
Beeinflussten aktuelle energetische und konstruktive Tendenzen das Projekt?

Das Gebäude macht sich die technologische Entwicklung des modernen Holzbaus zunutze. Die Konstruktion geht in Spannweiten und Auskragungen an die Belastungsgrenzen der Tragfähigkeit von Holz, die Decken bestehen aus vorgefertigten Elementen, in die sowohl Schallabsorptionsflächen als auch Haustechniktrassen konstruktiv integriert sind. Der hohe Dämmstandard der Gebäudehülle wird dazu genutzt, die Innenräume anstelle von Heizkörpern mit Flächenheizsystemen in den Rohdecken und den Bodenaufbauten zu erwärmen.

Leichttrennbauwände und Verbindungstüren erlauben eine flexible Nutzung der temporär vermieteten Räume (Foto: Hans Jürgen Landes)
Lärmgeschützte Lichthöfe mit kontrollierter Zuluft-Nachströmung schirmen die angrenzenden Labors vom Straßenlärm ab (Foto: Hans Jürgen Landes)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Holz ist nicht nur optisch, sondern auch konstruktiv der das Gebäude bestimmende Baustoff. Die Innovation liegt nicht in der Wahl von besonderen oder ungewöhnlichen Produkten, sondern in der intelligenten und effizienten Fügung der Bauteile zu einem Ganzen.

Lageplan (Zeichnung: scholl.balbach.walker architekten)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: scholl.balbach.walker architekten)
Querschnitte (Zeichnung: scholl.balbach.walker architekten)
Innovationszentrum an der Hochschule Aalen
2015
Anton-Huber-Straße 20
73430 Aalen

Nutzung
Büro- und Laborgebäude

Auftragsart
Öffentlicher Auftrag nach 1. Preis im Wettbewerb mit anschließendem VOF-Verfahren

Bauherrschaft
Stadt Aalen

Architektur
scholl.balbach.walker architekten partnerschaft, Stuttgart
Wolfgang Balbach, Michael Walker
Mitarbeit: Gertrud Braun (bis Leistungsphase 3), Thomas Kappmaier, Alexander Dziuk, Robert Fetzer (Bauüberwachung), Torben Jensen (Bauüberwachung)

Fachplaner
Tragwerksplanung: Belz, Schmidt + Partner, Stuttgart
Prüfstatik: Prof. Rieger in Wulle Lichti Walz GmbH, Stuttgart
Heizung-, Lüftungs- u. Sanitärtechnik: Herp Ingenieure GmbH & Co. KG ,Salach
Mess-, Steuer-, Regeltechnik: Elektrotechnik Peter Kummich & Michael Weißkopf
Blitzschutzplanung: Ingenieurbüro für Elektrotechnik, Bopfingen
Thermische Bauphysik: rw bauphysik ingenieurgesellschaft mbH & Co. KG, Schwäbisch Hall
Brandschutz: Ingenieurbüro Marco Weckwerth, Ludwigshafen
Baugrund: Geotechnik Aalen, Aalen
Fassadenberatung: KuB Fassadentechnik, Schwarzach
Laborausstattung: Dr. Heinekamp Labor- und Institutsplanung GmbH, Karlsfeld b. München
SiGeKo: Büro für Bauplanung Oliver Frick, Aalen

Energiestandard
EnEV 2009

Gebäudevolumen
9.500 m³

Bruttogeschossfläche
2.650 m²

Gebäudekosten
5.790.000 € (brutto KG 300 + 400)

Gesamtkosten
8.150.000 € (brutto)

Fotos
Hans Jürgen Landes Fotografie, Dortmund

Vorgestelltes Projekt

DGJ Paysages

Le Pardon de la Nature

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