Architektur für die Sepulkralkultur

Manuel Pestalozzi
30. september 2022
Das Siegerprojekt für die Sanierung und Erweiterung der Bestandsbauten sieht auch eine Aufstockung des Remisen-Gebäudes aus dem frühen 20. Jahrhundert vor. (Visualisierung: © Büro Schulze Schulze Berger)

Hinter diesem Museum stehen die Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V. und die Stiftung Zentralinstitut für Sepulkralkultur. Das Museum und seine angegliederten Institutionen befassen sich mit der Kultur rund um den Tod und die Erinnerung an Verstorbene, die Anlage bietet Raum für Ausstellungen, Veranstaltungen und die Forschung. Ihr Standort befindet sich auf Kassels Weinberg, wo sich mit Grimmwelt, Landesmuseum und Neuer Galerie ein großer Teil der Kasseler Kulturlandschaft ausbreitet.

Einquartiert wurde das Museum mit den angegliederten Institutionen in einem Komplex, der das Stall- und Remisengebäude einer einstigen herrschaftlichen Villa mit Baujahr 1903 umfasst. Ein Architekturwettbewerb wurde 1988 von Wilhelm Kücker gewonnen. Sein ab 1989 realisiertes Projekt umfasst Aufstockungen und einen durchlässigen Glas- und Betonbau, der dem denkmalgeschützten Überbleibsel der im Zweiten Weltkrieg stark beeinträchtigten Remise beigefügt wurde. 1992 konnte das Sepulkralmuseum eröffnet werden. Drei Jahrzehnte nach der Eröffnung zeichnet sich das Bedürfnis nach einer grundlegenden Sanierung, einer umfassenden technischen Ertüchtigung und einer Neuordnung klar ab, wie das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst in ihrer Medienmitteilung festhält. Dafür wurde wieder ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben.

Die Wettbewerbsaufgabe konzentrierte sich auf die baulichen und räumlichen Aufgaben in beiden Gebäudeteilen. Der Fokus der Umstrukturierung liegt dabei auf der denkmalgeschützten Remise mit neu zu planendem Veranstaltungsbereich, Konferenz- und Seminarräumen, Bibliothek, Empfang mit Museumsshop sowie Verwaltungsräumen. Im Neubau soll die raumklimatische Situation verbessert und eine funktionale Aufwertung des Baus im ästhetischen Einklang mit dem Altbau ermöglicht werden. Am nichtoffenen Realisierungswettbewerb im anonymen Verfahren mit vorangestelltem Bewerbungsverfahren nahmen zwölf Büros aus dem In- und Ausland teil.

Der erste Preis im Wettbewerb ging an das Büro Schulze Schulze Berger aus Kassel. Das Projekt schlägt vor, die Terrasse der Remise in Anlehnung an die historische Situation mit einem Multifunktionsraum zu überbauen, der für alle Formen von Veranstaltungen genutzt oder auch dem Café zugeschlagen werden kann. Er bietet den Besucher*innen einen Blick in die Kasseler Südstadt und die Fuldaaue. Die historische Tordurchfahrt wird als Eingang reaktiviert und führt in den Innenhof, der künftig frei von Einbauten und Überdachungen die historische Bausubstanz des Remisengebäudes wieder erfahrbar werden lässt. Die geforderte Nutzungsmöglichkeit des Veranstaltungsbereichs unabhängig vom Museumsbetrieb ist in dieser Arbeit aus Sicht der Jury auf besonders gute Weise gewährleistet.

Die Ausstellung aller zwölf Wettbewerbsarbeiten wird vom 20. Oktober bis zum 27. November im Museum für Sepulkralkultur zu sehen sein.

Das Museum besteht aus einem historischen Gebäude und einem Neubau aus den frühen 1990er-Jahren. (Foto: Maja Wirkus © Museum für Sepulkralkultur, Kassel, Bildarchiv)

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