Rund um die Biene

Lanz · Schwager Architekten
12. januari 2022
Eingangsbereich (Foto: Barbara Schwager)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Die neue Landesanstalt für Bienenkunde ist nicht nur ein Teil der Universität Hohenheim mit den universitäts-typischen Räumen für Forschung und Lehre, an der Landesanstalt werden auch Imker geschult, Honigprodukte analysiert und zertifiziert. In einer mittelgroßen Versuchsimkerei wird auch eigener Honig hergestellt. Im Grunde handelt es sich also um ein multifunktionales Gebäude, mit öffentlich zugänglichen aber auch streng kontrollierten Zertifizierungsbereichen, mit empfindlichen Laboren aber auch rustikalen Lager- und Werkstatträumen. Alle diese verschiedenen Nutzungen sollten in einer baulichen Einheit zusammengefasst werden und auf dem Universitätscampus und darüber hinaus als unverwechselbare Einheit erkannt werden. 

Gesamtansicht von Süden (Foto: Barbara Schwager)
Detail Fassade (Foto: Barbara Schwager)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Unser Anliegen war es, ein klares, schlichtes Gebäude zu entwickeln, das mehr durch seine atmosphärischen Qualitäten als durch vordergründige Bienen- oder Wabenreferenzen als besonderer Baustein der Uni Hohenheim hervortritt. Der Neubau ist lichtdurchflutet, auch über die verglasten Flurtrennwände blickt man in die wunderschöne Natur, dem Lebensraum des Forschungs- und Unterrichtsgegenstands. Die verwendeten Materialien Holz und Beton sind – wo möglich – massiv, matt und rau belassen. Uns schwebte kein cleaner, glatter Laborbau vor sondern eine präzise gefügte und verarbeitete „Schatulle“, in derem Inneren es nach Holz und Bienenwachs riecht. Die Holzlasur im Außenbereich ist mineralisch und selbstverständlich biozidfrei (im Gegensatz zu den üblichen Vorvergrauungssystemen) und nimmt mit Ihrem dunklen Farbton erwartbare natürliche Verfärbungen vorweg. 

Zentraler Luftraum Foyer (Foto: Universitätsbauamt / bildhübsche fotografie | Andreas Körner)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Die neue Bienenkunde schließt den Campus der Uni Hohenheim nach Süden ab. Noch weiter südlich beginnen die Grünflächen, der Park, unmittelbar vor dem Neubau der „Lange See“. Die langgestreckte Form ergab sich aus dem Zuschnitt des Grundstücks. Entsprechend auch die Grundrissaufteilung: Die Labore und Werkstätten wurden nach Norden orientiert, die Büros, Aufenthalts- und Seminarbereiche nach Süden, mit Blick in die reizvolle Natur.
Das Dach der Bienenkunde ist aufgrund der Hangsituation von den übrigen Institutsgebäuden sichtbar und wurde als fünfte Fassade entwickelt, statt es mit der üblichen Haustechnik zu verbauen.

Erschließungsbereich, Kunst am Bau (Foto: Universitätsbauamt / bildhübsche fotografie | Andreas Körner)
Unterrichtslabor (Foto: Universitätsbauamt / bildhübsche fotografie | Andreas Körner)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Bauherr und Nutzer waren von Anfang an vom Projekt überzeugt. Dies hat maßgeblich dazu beigetragen, dass der Entwurf von der Projektskizze, also eigentlich dem Wettbewerbsentwurf, bis zur Fertigstellung nahezu unverändert umgesetzt wurde. Mit einem gemeinsamen Ziel vor Augen konnte das Projekt auch durch baurechtliche, brandschutz- und haustechnische Untiefen manövriert werden, ohne Abstriche in der architektonischen und funktionalen Qualität des Projekts zu machen. 

Einzelbüro (Foto: Universitätsbauamt / bildhübsche fotografie | Andreas Körner)
Unterrichtslabor und Pausenflächen (Foto: Universitätsbauamt / bildhübsche fotografie | Andreas Körner)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Der Wunsch des Universitätsbauamts, einen nachhaltigen (und entsprechend BNB zertifizierten) Neubau in Holzbauweise zu erstellen, war zum Zeitpunkt des VOF-Verfahrens zukunftsweisend und entsprach unseren eigenen Zielvorstellungen. Die geplante Umsetzung als Pilotprojekt hat dabei geholfen, neue Wege im Bereich Hochschulbau zu gehen. Der Abstimmungsaufwand mit den beteiligten Planern und Behörden war aber teilweise sehr hoch; deutlich höher, als man es bei diesem zurückhaltenden Entwurf erwarten würde. Es reicht eben nicht, wenn Bauherr, Nutzer, Architekt und Tragwerksplaner einen innovativen Holzbau realisieren möchten. Hier besteht insbesondere genehmigungsrechtlich noch deutlich Handlungsbedarf. Auch der Zertifizierungsprozess erschien teilweise bürokratisch und führte zu manch skurrilen planerischen Vorgaben (z.B. zur Länge der Reinstreifmatten im Eingangsbereich), um notwendige Punkte einzusammeln.

Lageplan (Zeichnung: Lanz · Schwager Architekten)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Lanz · Schwager Architekten)
Grundriss 1. Obergeschoss (Zeichnung: Lanz · Schwager Architekten)
Landesanstalt für Bienenkunde, Universität Hohenheim
2021
Erna-Hruschka-Weg 6
70599 Stuttgart Hohenheim

Nutzung
Bienenkundliche Forschungs-, Lehr- und Ausbildungsstätte, Qualitätssicherung von Bienenprodukten, Versuchsimkerei, Laborräume, Unterrichtsräume, Büros, Werkstätten
 
Auftragsart
VOF-Verfahren mit Projektskizze
 
Bauherrschaft
Land Baden-Württemberg vertreten durch Vermögen und Bau Baden-Württemberg Universitätsbauamt Stuttgart und Hohenheim,  Stuttgart

Architektur
Lanz · Schwager Architekten BDA PartGmbB, Konstanz
Jan Voswinckel, Petra Martin

Fachplaner
Baugrund und Schadstoffe: SakostaCAU, Stuttgart
Tragwerksplanung: merz kley partner, Dornbirn (A)
HLS-Planung: FC Planung, Stuttgart
Elektroplanung: HPG Schork, Stuttgart
Laborplanung: Dr. Heinekamp, Karlsfeld
Bauphysik: Kurz und Fischer, Winnenden
BNB Monitoring: Kurz und Fischer, Winnenden
Brandschutz: LWKonzept, Stuttgart
Außenanlagen: Pfrommer + Roeder, Stuttgart

Bauleitung
Lanz · Schwager Architekten BDA PartGmbB, Konstanz mit Ernst2 Architekten, Stuttgart

Kunst am Bau
Gabriela Oberkofler, Stuttgart
Schafgabe im Paradies, Lindenholz geschnitzt

Ausführende Firmen
Holzbau: Syndikat Zimmerei, Reutlingen

Bruttogeschossfläche
2.271 m²
 
Gebäudevolumen
10.500 m³ 

Gesamtkosten
10.400.000 €

Fotos
innen: Universitätsbauamt / bildhübsche fotografie | Andreas Körner, Stuttgart 
außen: Barbara Schwager, Konstanz

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