Neubau und Neuordnung der Luisenschule in Bielefeld
Waechter + Waechter Architekten BDA
16. octobre 2024
Blick auf die Eingangssituation (Visualisierung: Waechter+Waechter / PONNIE Images)
Waechter + Waechter Architekten BDA gewinnen den Wettbewerb für den Neubau und Neuordnung der Luisenschule in Bielefeld. Prof. Felix Waechter stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Bielefeld beabsichtigt im Stadtteil Mitte den Neubau und die Neuordnung der vierzügigen Realschule Luisenschule. Welche Ausgangssituation haben Sie vorgefunden?
Die Luisenschule ist auf zwei, circa 700 m entfernte Standorte verteilt. Aufgrund einer steigenden Schülerzahl und neuer pädagogischer Konzepte sollen die Standorte umorganisiert werden. Während an der Paulusstraße die vorhandene Aufteilung an veränderte Anforderungen anzupassen ist, soll an der Josefstraße der neuzuordnende Bestand durch einen zentralen Neubau ergänzt werden.
Lageplan (Zeichnung: Waechter + Waechter Architekten BDA)
Wie organisieren Sie den Neubau und die Neuordnung der Luisenschule ?
Die vorgeschlagene Neukonzeption an der Paulusstraße erfordert nur geringe Eingriffe in den Bestand. Der zusätzliche Raumbedarf wird durch die Aktivierung vorhandener Flächenpotenziale im Dach- und Tiefgeschoss gedeckt. Die Anmutung der jeweiligen Bauteile wird erhalten, beziehungsweise gestärkt, wie durch Freilegen der charakteristischen Kappendecken im Altbau durch Abpendeln der raumakustischen Bedämpfung. Das längsseitige Oberlicht und eine stirnseitige Gaube des neuen Dachateliers knüpfen an das historische Bild an.
An der Josefstraße schmiegen sich vier pavillonartige, nur zweigeschossige Baukörper, zueinander höhenversetzt mit traversierender Flucht in den gebauten Bestand und die Gehölzstrukturen wie eine Perlenkette ein und vermitteln zwischen den unterschiedlichen Kantenlängen und der Körnigkeit der Nachbarschaft. Eine innere Schulstraße verbindet die einzelnen Pavillons, zenital belichtet über die Atrien der Cluster, mit Ein- und Durchblicken und damit einer einfachen Orientierung. Rampen gleichen barrierefrei die geringen Höhenversätze zwischen den Pavillons aus.
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Waechter + Waechter Architekten BDA)
Grundriss 1. Obergeschoss (Zeichnung: Waechter + Waechter Architekten BDA)
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Die Cluster an der Josefstraße sind jeweils um ein zentrales Atrium organisiert; jede Jahrgangsstufe ist damit nach innen räumlich wie auch baukörperlich nach außen klar ablesbar und identifizierbar. Die Sichtbezüge in die Schulstraße mit dem Foyer, Mensa und den Fachräumen soll das »lernende Suchen« und »in mehrere Richtungen Schauende« räumlich fördern und unterstützen die Augen der Schüler zu öffnen.
Die vielfältig nutzbaren und mit Vorhängen oder mobilen Stellwänden unterteilbaren Kommunikationszonen sind rund um die Atrien angeordnet. Die Unterrichtsräume sind hierhin verglast und bei Bedarf auch öffenbar, so dass diese Kommunikationszonen eingebunden und vielfältige Lehr- und Lernformen angeboten werden können. Zwischen den Unterrichtsräumen liegen im Sinne des gemeinsamen Lernens die gut einsehbaren Differenzierungsbereiche. Über Treppen sind die Cluster jeweils direkt an die Fachebene und den Freiraum angebunden.
Westansicht und Längsschnitt (Zeichnungen: Waechter + Waechter Architekten BDA)
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?
Die sachliche, unaufgeregte, aus der Logik des Holzbaus abgeleitete Einfachheit bestimmt die äußere und innere Anmutung, die ein angemessenes Gegenüber und Dialog zum Bestand bildet und doch zum identitätsstiftenden Wiedererkennungsmerkmal wird.
Die Tragstruktur des Neubaus ist effizient und ressourcenschonend in Holz-Skelettbauweise mit punktgestützten Balkendecken gedacht, zweilagig mit einfachen Fügungen auf Zangen aufgelegt, ohne aufwändige Stahlbauteile. Sämtliche innere Trennwände sind nichttragend und so auf die wechselnden Raumbedürfnisse flexibel adaptierbar.
Die Anmutung innen und außen lebt von der Schönheit des Holzes, dessen Textur die Geschichte des Wachstums und dessen Patina die des Gebrauchs erzählt. Im Inneren sind die Holzbauteile weißlich hell geölt und geseift, außen vergrauen die senkrechten Holzverschalungen silbrig, bilden eine Einheit mit den leichten, wellförmigen Blechen der wie ein Gradierwerk vorgestellten brise soleil und fügen sich in den Material- und Farbkanon des Bestands ein.
Gemäß Schulentwicklungsplan der Stadt Bielefeld soll die Neukonzeption beider Standorte bis 2030 abgeschlossen werden.
Modell (Foto: Waechter + Waechter Architekten BDA)
Nicht offener Wettbewerb
Auslobung: Immobilienservicebetrieb (ISB) der Stadt Bielefeld
Betreuung: Drees & Huesmann Stadtplaner PartGmbB, Bielefeld
Jury
Prof. Volker Staab, Architekt, Berlin (Vors.) | Barbara Pampe, Architektin, MontagStiftung, Bonn | Prof. Gernot Schulz, Architekt, Köln | Susanne Weihrauch, Landschaftsarchitektin, Solingen | Gudrun Hennke, 1. stellv. Bezirksbürgermeisterin Stadtbezirk Mitte | Dr. Udo Witthaus, Beigeordneter Schule / Bürger / Kultur (anwesend bis 12:30 Uhr, anwesend ab 14:20 Uhr) | Frank Otterbach, Abteilungsleitung Immobilienservice (ISB), Innenarchitekt
1. Preis
Waechter + Waechter Architekten BDA, Darmstadt | Prof. Felix Waechter, Sibylle Waechter
Mitarbeit: Patrick Schürmann, Maja Laubach, Rongjun Zhou, Inka Helene Röder
terra.nova Landschaftsarchitektur, München | Peter Wich
Mitarbeit: Eva Greimel, Kateryna Maksimentseva, Marion Schiffer
Tragwerksplanung: mkp – merz kley partner, Dornbirn | Konrad Merz
Modell: gbm modellbau gmbh, Darmstadt
Visualisierung: PONNIE Images, Aachen
2. Preis
Numrich Albrecht Klumpp Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin | Arthur Numrich, Tiemo Klumpp, Grant Kelly
Mitarbeit: Michael Filser, Max Reiser
ST raum a. Ges. von Landschaftsarchitekten mbH, Berlin | Tobias Micke
Mitarbeit: Mathias Werner, Julius Jaroschinsky
Tragwerksplanung: PICHLER Ingenieure GmbH, Berlin | Robert Hartfiel
Visualisierung: Davide Abbonacci
3. Preis
kleyer.koblitz.letzel.freivogel gmbH, Berlin | Alexander Koblitz
Mitarbeit: Philipp Posth
bbz landschaftsarchitekten berlin gmbh, Berlin | Timo Herrmann
Mitarbeit: Luisa Richter, Ellen Kallert, Marc Leppin, Laura Ofschanni
Visualisierung: THIRD, Berlin
4. Preis
HASCHER JEHLE Architektur, Berlin | Prof. Sebastian Jehle, Thomas Kramps
Mitarbeit: Maddalena Barbieri, Faezeh Nekouyan, Irene Alessandro, Fleur Keller, Aixin Yuan
POLA Landschaftsarchitekten, Berlin | Jörg Michel
Mitarbeit: Sara Perovic, Teresa Acimovic, Eva Buder, Cristina Ghiorghiu, Karolina Pettikova