Günther Domenig (1934–2012)

Simone Hübener
27. juin 2012
Günther Domenig (Bild: Christian Jungwirth) 

In einem Beitrag über die "Grazer Schule" schrieb Friedrich Achleitner 1993, Graz habe "jede mögliche Antiposition zu einem wie immer gearteten geschlossenen Architekturbegriff bezogen". Achleitner hätte so auch einen der Grazer Protagonisten, den 1934 in Klagenfurt geborenen Günther Domenig charakterisieren können. Und wenn auch dessen Werk von extrem spitzen Winkeln, zerklüfteten Formen, scharfen Ecken und Kanten auf der einen Seite und organischen, fließenden Formen auf der anderen gekennzeichnet ist, so ist es doch kohärent: Immer expressiv, immer mit dem bisweilen überartikulierten Gestus des Rebellischen und immer mit der, um noch einmal Achleitner zu zitieren, "naiven Unverfrorenheit, sich selbst ernst zu nehmen". Die Kompromisslosigkeit hat Domenig zu einem der bekanntesten und wichtigsten österreichischen Architekten des 20. Jahrhunderts gemacht.
Günther Domenig hatte von 1953 bis 1959 an der TU Graz Architektur studiert, wo er bis zum Jahr 2000 auch unterrichtete – seit 1980 als Professor am Institut für Gebäudelehre, Wohnbau und Entwerfen. Seine Lehrtätigkeit dehnte sich bald auf weitere Universitäten im In- und Ausland aus. Auch die meisten seiner architektonischen Werke sind in Graz zu finden. In den Jahren 1963 bis 1973 arbeitete er mit Eilfried Huth, während dieser Zeit entstand unter anderen das Projekt "Neue Wohnform Ragnitz" für den gleichnamigen Grazer Stadtteil, für das die beiden Architekten 1969 den Grand Prix International d'Urbanisme et d'Architecture erhielten. Nach 1973 gründete er eigene Büros in Wien, Graz und seiner Heimatstadt Klagenfurt und kooperierte bei vielen Projekten mit Hermann Eisenköck. Diese Zusammenarbeit mündete 1998 in die Gründung der Architektur Consult ZT GmbH, unter deren Dach sich die Büros von Domenig, Eisenköck und Herfried Peyker zusammengeschlossen hatten. Nach 18 Jahren verließ Domenig die Gesellschaft und tat sich mit Gerhard Wallner in der Architekten Domenig & Wallner ZT GmbH zusammen. Zu seinen wichtigsten Gebäuden zählen die Zentralsparkasse in Wien – sein erstes alleine realisiertes Projekt –, der Erweiterungsbau der TU Graz, das Resowi der Karl-Franzens-Universität Graz und sein eigenes Haus, das Steinhaus. Zu seinen bekanntesten Werken in Deutschland zählen der während der Partnerschaft mit Huth entstandene Pavillon der Olympia-Schwimmhalle in München und das Restaurant Nord am Olympia-Gelände, das Dokumentationszentrum auf dem Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg (1998) sowie zwischen 1998 und 2000 die Kunstakademie Münster. 2004 wurde Domenig auf der Architekturbiennale in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet.
Günther Domenig verstarb am 15. Juni im Alter von 77 Jahren in Graz.

Innenraum des Dokumentationszentrums auf dem Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg (Bild: Stefan Meyer, Berlin/ Nürnberg) 

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