Labor in der Altstadt

Knoche Architekten BDA
13. septiembre 2017
Blick von der Mühlstraße (Foto: Roland Halbe)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

In die heterogene Stadtumgebung ein weiteres Hochschulgebäude einzufügen, war eine besondere Herausforderung. Zumal es sich um ein sehr introvertiertes Gebäude handeln sollte, eine Versuchshalle ohne Besucherverkehr, ohne Repräsentation, nicht einladend, sogar nahezu fensterlos. Hier ging es also in erster Linie darum, den Baukörper zu gliedern und die Fassade zu gestalten, so dass eine stimmige Balance von Einfügung und Eigenständigkeit erlebbar wird.

Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Wir bearbeiten gerne solche Aufgaben und versuchen, aus den Widersprüchlichkeiten und Brüchen eine besondere Gestalt abzuleiten. Gleichzeitig hat uns das polygonal geschnittene Grundstück inspiriert, das zunächst ungeeignet schien. Letztlich aber kam es dem Ansatz für die Gebäudegliederung entgegen und hat auch die geplanten Funktionen nicht eingeschränkt.

Die Ostfassade aus Sicht der Nachbarschaft (Foto: Roland Halbe)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Es geht um das Stadtgefüge einer schwäbischen Mittelstadt, deren Gründung etwa 1000 Jahre zurückreicht. Trotzdem ist die direkte Nachbarschaft denkbar heterogen und durchmischt mit Gebäuden aus verschiedenen Entstehungszeiten: in direkter Nachbarschaft Wohnbebauung aus dem Mittelalter, das Merkel’sche Bad im Jugendstil von 1907 sowie Hochschulgebäude aus den 1950er, -70er und -90er Jahren.
Auf diese Randbedingungen haben wir mit einem eigenstängig modernen und dennoch maßstäblichen Gebäudevolumen reagiert, dessen sanft schimmernde, reliefierte Aluminiumfassade gleichzeitig Eleganz und Handwerklichkeit zum Ausdruck bringt.

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Wir haben öffentliche Bauvorhaben in fast allen Bundesländern und vielen Kommunen realisiert, aber die Zusammenarbeit mit der Baden-Württembergischen Landesbauverwaltung ist immer eine Besondere, und wir meinen das im positiven Sinne. Aus der Tradition selbst geplanter Projekte und einem hohen Anspruch an Architektur und und Detail wird hier, mehr als anderswo, ein inhaltlicher Diskurs geführt, auf hohem Niveau und mit besonderem Interesse an Architektur, Material und Gestaltung.
Insofern findet selbstverständlich Einflussnahme statt, auf konzeptioneller wie auf konstruktiver Ebene. Wir halten diesen Diskurs für außerordentlich bereichernd, zumal weder Bauamt noch Nutzer belehrend, bestimmend oder sonstwie kontraproduktiv agiert haben. Wir empfanden das als echten Glücksfall.

Polygonale Kontur, Fassadenstruktur und Verdichtung (Foto: Roland Halbe)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Die Lage auf dem Campus war ursprünglich an anderer Stelle vorgegeben, das Gebäude sollte als Anbau eines Bestandsgebäudes zentral auf der Freifläche entstehen. Wir konnten den Bauherrn dann aber überzeugen, dass das ‚unbebaubare Grundtück’ an der Mühlstraße sich städtebaulich und funktional besser eignet und gleichzeitig größere Flächenpotentiale für weitere Entwicklungen freihält. Nachdem diese Änderung und der neue Gebäudeentwurf überzeugen konnten, gab es noch Varianten hinsichtlich der Öffnung und Orientierung des Eingangsbereichs sowie langwierige Diskussionen mit dem Denkmalschutz. Alles in allem konnte der Entwurf aber relativ konsequent bis in die Details ausformuliert werden.

Unterschiedliche Feldbreiten, Eloxaltöne und Lochmuster (Foto: Roland Halbe)
Eckausbildung und Dachrand an der Westseite (Foto: Roland Halbe)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Einen wesentlichen Anteil an der Gestaltung hat die Aluminiumfassade, die eine individuelle Planung darstellt. Dazu werden nur unterschiedlich breite Aluminiumbleche benötigt, in Grenzwertabweichungen eloxiert, nach Lochbildplanung unregelmäßig perforiert und durch gekantete Lisenen gehalten und gegliedert. Eine solche Fassade muss gezeichnet, konstruiert, geometrisch durchgestanden und handwerklich umgesetzt werden. Spezielle Produkte braucht es dazu nicht.

Eingangsbereich, Sichtbeton und geschliffener Zementestrich (Foto: Roland Halbe)
Versuchshalle mit dichter Technikinstallation (Foto: Roland Halbe)
Institutsgebäude Gebäude-Energie-Umwelt (GU) der Hochschule Esslingen
2017
Mühlstraße 16
73728 Esslingen

Auftragsart
Öffentlicher Auftrag, VOF Verfahren

Bauherrschaft
Vermögen und Bau Baden Württemberg, Amt Ludwigsburg

Architektur
Knoche Architekten BDA, Leipzig
Markus Neumann, Projektleitung
Peter Lay, Bauleitung

Fachplaner
Landschaftsarchitekt: Station C 23, Leipzig
Tragwerksplanung: Fischer Baustatik, Weinstadt
HLS: Duschl Ingenieure, Rosenheim
ELT: GBI Stuttgart
Brandschutzkonzept: fritzen 28, Esslingen
Bauphysik: Seeberger + Partner, Bietigheim Bissingen
Raumakustik Hallraum: Müller BBM, München

Kunst am Bau
Sarah Huber, Stuttgart
Technisch inspirierte Wandreliefe im Treppenhaus

Ausführende Firmen
Rohbau: Gottlob Brodbeck, Metzingen
Fassade / Metallbau: Güther, Feuchtwangen
Fassade / Fenster: Alwico Hesterberg, Crailsheim
Fassade / Außentüren: Georg Dietzinger, Leutershausen
Metalldach: T + H Ackermann, Nürtingen
Estrich: Estrich Bossert, Kernen
Schlosser: Zeun, Schorndorf
ELT: Hofecker, Tannhausen
Heizung: Höss, Schorndorf
Lüftung: Technik im Bau, Frickenhausen
Sanitär: Weidinger, Burgstätt
Aufzug: AHT, Heilbronn

Hersteller
Fenster: Hueck
Außentüren: Schüco Jansen
Metalldach BEMO

Energiestandard
Niedrigenergiehaus, EnEV 2009 – 50%

Bruttogeschossfläche
2.300 m²

Gebäudevolumen
11.000 m³

Kubikmeterpreis
630 € / m³

Gebäudekosten
5.300.000 €

Gesamtkosten
6.800.000 €
 
Auszeichnung
Hugo Häring Preis des BDA Baden Württemberg

Fotos
Roland Halbe

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