Deutscher Lichtdesign-Preis 2019

Zuhören und erspüren

Thomas Geuder
22. Mai 2019
Corinna Arens und Dorette Faulhaber sind als Lichtdesigner des Jahres ausgezeichnet worden. (Foto: Bettina Theisinger)
Thomas Geuder: Corinna Arens und Dorette Faulhaber, herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung „Lichtdesigner des Jahres“! Sie haben in diesem Jahr zum zweiten Mal überhaupt erst teilgenommen und gleich die höchste Würdigung erhalten – darauf darf man stolz sein, oder?

Corinna Arens: Ja, wir freuen uns sehr darüber! In diesem Jahr haben wir tatsächlich auch viele Projekte eingereicht, weswegen wir vielleicht sogar auf den ein oder anderen Gewinn gehofft haben. Aber die Auszeichnung „Lichtdesigner des Jahres“ zu erhalten, haben wir nicht erwartet. Die Konkurrenz war sehr gut, mit tollen Projekten. Insofern ist die Freude noch einmal größer.

Der Preis müsste in diesem Jahr eigentlich „Lichtdesignerinnen des Jahres“ heißen, denn wenn ich mich recht erinnere, sind Sie das erste rein weibliche Gewinner-Duo in der Geschichte des Deutschen Lichtdesign-Preises. Bekommt so ein Preis unter diesem Gesichtspunkt dann noch einmal einen besonderen Wert?

Dorette Faulhaber: Die Frauenquote hat bei der Entscheidung hoffentlich keine Rolle gespielt! Aber, für uns ist das ehrlich gesagt auch kein wirkliches Thema. In unseren Augen ist diese Profession vollkommen geschlechtsunspezifisch.
CA: Dennoch, im Jahr 2016, als wir unsere ersten beiden Preise beim Deutschen Lichtdesign-Preis erhalten haben, ist uns bereits aufgefallen, dass sich viele Lichtplanerinnen mit uns gefreut haben, weil endlich mal Frauen auf der Bühne zu sehen seien. Dieser Tenor war damals deutlich spürbar – heute übrigens auch.
DF: Außerdem hat es vor allem die jungen Lichtplanerinnen motiviert, die dadurch sehen konnten, dass man 20 Jahre lang in dieser Branche mit viel Herzblut arbeiten kann. 
CA: Letztendlich nicht nur die jungen Lichtplanerinnen, sondern auch die kleinen Büros. Eine Lichtplanerin zum Beispiel, die ganz alleine arbeitet, hat uns heute gesagt, sie finde es sehr inspirierend, dass auch ein Zweier-Büro wie unseres diesen wichtigen Preis erhalten kann.

Sie beide sind bereits seit 1987 auf dem Feld der Lichtplanung tätig, zunächst bei den Büros Lichtdesign Ingenieurgesellschaft in Köln sowie Licht Kunst Licht in Bonn und Berlin. 1999 schließlich folgte die Gründung des eigenen Büros, Sie feiern dieses Jahr also ihr 20. Jubiläum. Da ist man fast schon ein alter Hase, oder?

DF: Ja, weshalb wir das auf der Bühne auch nicht erwähnt haben, um uns nicht älter zu machen, als wir sind (lacht). Corinna und ich haben uns in dem Büro Lichtdesign in Köln kennengelernt und dort auch zusammen an Projekten gearbeitet. Danach hatten sich unsere Wege ein paar Jahre lang separiert – ein kleiner Cut mit dem Projekt Familie – und 1999 haben wir wieder zusammengefunden und uns zusammengetan, auch weil wir in einer gleichen Lebenssituation waren. Unsere kleine Unternehmung haben wir dann wirklich sehr zart und langsam aufgebaut, was dem Büro am Ende gutgetan hat. 
CA: Dass wir zuvor mit namhaften Architekturbüros zusammengearbeitet haben, war für uns ein Vorteil. Denn die Mitarbeiter, mit denen wir damals zu tun hatten, haben oft ihr eigenes Büro gegründet, mit dem wir dann wieder in Kontakt treten konnten. Bei diesen jungen Büros war ein Budget für Lichtplaner meist noch nicht vorhanden, weshalb wir für sie zunächst nur beratend tätig waren. So hat sich unser Unternehmen langsam und gut entwickelt.

Rewe Digital Köln gewinnt in der Kategorie Büro / Verwaltung. (Foto © Architekturfotografie Jens Kirchner)
Gerade in den letzten 20 Jahren hat sich doch einiges getan auf dem Feld der Lichtplanung. Was wären für Sie die wichtigsten Errungenschaften und Milestones in der Branche?

DF: Lassen wir die LED einmal außen vor. Die Lichtplanung im Jahr 1999 war noch ein sehr kleines Feld. In großen Projekten wurden sehr oft Sonderleuchten verbaut. Auch wir haben viele Leuchten selbst entwickelt. Heutzutage aber hat man ein Portfolio an Standardleuchten zur Verfügung, das bereits unglaublich viele Möglichkeiten bietet. Der Bedarf an Sonderleuchten ist genau genommen also nicht mehr vorhanden. Mit kleinen Änderungen und Variationen von Standard-Produkten kann man oft schon zur Lösung kommen.

Damals hat man also viel mehr basteln müssen, um sein Lichtziel zu erreichen?

DF: Auf alle Fälle! Heute aber ist ein Sonderbau nicht mehr notwendig. Natürlich gibt es immer wieder Herausforderungen, bei denen man die Lichttechnik neu entwickeln könnte. Wir nutzen jedoch lieber zuerst das, was die Industrie zur Verfügung stellt, und machen daraus ein gutes und solides Projekt. Ein wichtiger Unterschied zu der Zeit vor 20 Jahren ist auch, dass inzwischen fast alles möglich und denkbar ist. Hierbei herauszufiltern und die Sensibilität zu haben, nicht alles zu tun, was möglich ist, sondern das, was für ein Projekt gut ist, erfordert ein gutes Händchen, Gespür für das Wesentliche und natürlich auch gute Planungspartner. Man muss den Mut haben, den Punkt zu finden, wenn das Ergebnis gut ist – was oft auch im Sinne des Budgets ist. Eine Lösung muss zudem nicht unbedingt teuer sein, wie wir immer wieder sehen.

Mit der Paderborner Kirche St. Peter und Paul gewinnen die Lichtplanerinnen in der Kategorie Kulturbauten. (Foto © Jens Kirchner, Düsseldorf)
Sie schreiben in Ihrer Gestaltungsphilosophie, dass Sie „in enger Zusammenarbeit mit Architekten deren Vorstellungen und Visionen zum Thema Licht weiterentwickeln und in ein funktionales, wirtschaftliches und gestalterisches Gesamtkonzept umsetzen“ möchten. Die Arbeit mit dem Architekten ist für Sie also essenziell. Wie gestaltet sich diese Zusammenarbeit?

CA: Wir haben das große Glück, mit sehr guten Architekten zusammenarbeiten zu dürfen, die wissen, was ihrem Raum gut tut, und die wissen, was er verträgt und was nicht. Dann macht die Zusammenarbeit natürlich doppelt Spaß. Das Ergebnis ist dann immer ein echter Gewinn für uns! Die direkte Auseinandersetzung mit dem Architekten ist uns enorm wichtig.

Wie kommt die Zusammenarbeit zustande?

DF: Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal ist der Entwurf bereits vorhanden, man wurde über den Bauherrn ins Projekt geholt und lernt dann erst den Architekten kennen. Mit ihm und seinem Konzept setzen wir uns sehr schnell auseinander, wodurch er merkt, dass wir seiner Architektur nicht irgendetwas aufstülpen wollen. Wir wollen vielmehr sehr genau zuhören und erspüren, was diese Architektur eigentlich braucht und wie wir helfen können, mit unserer Lichtplanung das architektonische Konzept besser wirken zu lassen. Es gibt sogar auch Projekte, bei denen es gar keinen Architekten gibt und die wir allein mit dem Bauherrn stemmen. Aus dieser Konstellation hat sich schließlich – trotz erster Zweifel – aber eine ganz tolle Zusammenarbeit ergeben, bei der uns wahrscheinlich auch zugutekam, dass wir Architektur und Innenarchitektur studiert haben.

Bei Ihren Arbeiten fällt mir auf, dass Ihre Lichtplanungen sich oft im Verborgenen abspielen. Die Leuchte sieht man nur selten, der Fokus liegt auf dem Licht selbst, das unaufdringlich wirkt. Nur ab und an gibt es Lichtstreifen. Was, würden Sie sagen, macht einen echten Arens Faulhaber aus?

DF: Uns ist es wichtig, das Licht unaufdringlich in die Architektur zu integrieren. Außerdem versuchen wir, ein Lichtkonzept mit möglichst wenigen Themen auszustatten. Das tut einem Projekt immer gut. So ist es für uns etwa ein Beweis für ein gutes und funktionierendes Konzept, wenn die Planlegende für das Gewerk Licht ganz kurz ist. Natürlich braucht es ab und an auch sichtbare Leuchten. Diese Design-Leuchten aber sind für uns nicht immer einsetzbar, weil ihr Licht eben manchmal nicht zum Projekt passt. Wir versuchen das dann durch Ergänzungen zu kompensieren – was in unserem Verständnis aber unbedingt die Ausnahme bleiben soll.

Die Ausleuchtung der Klarissenkirche Köln wird in der Kategorie Bildung prämiert. (Foto © Jens Willebrand, Köln)
Auf der Bühne haben Sie auch das Thema Farbe angesprochen. Wie wichtig ist die Lichtfarbe für Sie in Ihrer Arbeit?

CA: Mit der LED ist das Thema Lichtfarbe in den Fokus gerückt. Mit Farbe allerdings sollte man sehr vorsichtig umgehen, vor allem im sakralen Bereich und im Außenraum. Weniger ist da meistens mehr, denn mit Farbe kann man viel Schaden anrichten. 
DF: Als Lichtplaner geht es eben immer darum, aus den vielfältigen Möglichkeiten herauszufiltern und Grenzen zu setzen, oftmals vor allem den Bauherrn. Bei unserem Projekt wineBANK in Köln zum Beispiel handelt es sich um einen unterirdischen Raum ohne Tageslicht, der im Sommer wie im Winter genutzt wird und eine gleichbleibende Raumtemperatur von 16 °C hat. In einem solchen Raum wäre es doch ganz schön, wenn man weiß, welche Jahreszeit draußen gerade herrscht. Deshalb haben wir unterschiedliche Lichtfarben installiert, die von LED indirekt erzeugt werden. Es gibt sogar eine dynamische Lichtszene, die das gesamte Farbspektrum bis zum Mitternacht-Dunkelblau abspielt. Ein solcher Raum verträgt das. Im Gegensatz dazu muss man in Kirchen natürlich behutsamer mit der Farbe umgehen.

Was man eindrücklich in Ihren vielen Kirchenprojekten sieht. Wo wird Ihre Reise in Zukunft hingehen, welche Art von Projekten werden wir von Ihnen noch sehen?

CA: (lacht) Das wissen wir nicht! Es sind am Ende ja immer Phasen. Wir haben mit einer Kirche angefangen, dann kam die nächste und die nächste, plötzlich waren wir die Kirchenbeleuchter.

Was Sie unter Umständen in diesem Sinne gar nicht sein möchten, oder?

CA: Die Arbeit an Kirchengebäuden bedeutet für uns eine große Freude, keine Frage. Aber wir müssen natürlich auch sagen, dass wir gerne auch an anderen Projekten arbeiten. Die Mischung ist doch gerade das, was diesen Beruf so spannend macht. Momentan arbeiten wir tatsächlich an einigen Verwaltungsbauten. Kürzlich durften wir endlich einmal ein Restaurant und eine Bar beleuchten. Ganz aktuell z. B. arbeiten wir an einem Bunker, eine Umnutzung zum Wohnungsbau, übrigens auch wieder ohne Architekt, direkt mit demselben Bauherrn, den wir vorhin bereits erwähnt haben.
DF: Das muss man wirklich sagen: Unsere Bauherrn und auch Architekten sind uns wirklich treu. Deshalb war es für uns heute Abend auch so wichtig, unsere Geschäftspartner mitzubringen und mit ihnen diesen Abend zu feiern.

Was wir jetzt auch tun wollen. Vielen Dank für dieses mitternächtliche Gespräch und herzlichen Glückwunsch noch einmal zur verdienten Auszeichnung!

Insgesamt 13 Lichtplanungsbüros in 16 Kategorien konnten sich über eine Auszeichnung freuen. (Foto: Bettina Theisinger)
Auswahl der Preisträger des Deutschen Lichtdesign-Preises 2019
Museen: Futurium, realities:united (wir berichteten)
Lichtkunst: Dona Nobis Pacem, Westermann Kulturprojekte + Hartung & Trenz GbR
Internationales Projekt: Amorepacific Headquarters Seoul, Arup Deutschland GmbH
Nachwuchspreis: Pallottiner- und Pfarrkirche Sankt Marien in Limburg, Sarah Textor Lichtdesign
Sonderpreis der Jury: Wiener Stephansdom, podpod design
Ehrenpreis für das Lebenswerk: Johannes Dinnebier
Diese und alle weiteren Preisträger finden Sie hier

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