Rheinrelief

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten
3. März 2021
Sonnenbaden auf der Parkwiese mit Blick auf die schattige Sportsbay (Visualisierung: MAU)
Die Entwicklung des Zollhafens in Mainz ist mit ersten schon bezogenen Gebäuden weit fortgeschritten und soll jetzt mit der Beplanung der Grünflächen an der Nordmole komplettiert werden. Welche Antworten gibt Ihr Entwurf auf die Frage, die der Wettbewerb stellt?

Die Nordmole ist der Schlussstein im Freiraumsystem des neuen städtebaulichen Entwicklungsgebietes am ehemaligen Zollhafen, er ist sogar der nördlichste Schlussstein der Promenadenufer der Stadt Mainz als Ganzes. Und es sollte ausdrücklich ein grüner Schlussstein sein!
Der Zollhafen stellt sich als Quartier sehr großer Dichte dar, die Erwartungen an die Freiräume sind enorm, auch aus der Gesamtstadt heraus. Der bereits vorhandene Freiraum an der Südmole ist entsprechend seiner Provenienz und auch weiterbestehenden Nutzung als Hafen spröde, eher steinern. Umso klarer schien die Erwartung, dass an der Nordmole nun das grüne Ufer entsteht, vielleicht ein kleiner Uferpark.

Das ist durchaus eine Herausforderung bei einer Breite von lediglich 20 Metern im Mittel. Wir haben deshalb versucht den Grünanteil zu maximieren, im Grundriss, aber auch in der Vertikalen: Den Höhensprung zur Stadtpromenade haben wir nicht als Mauer, sondern als grüne Topografie ausgebildet. Wir haben also das Rheinrelief zum Thema gemacht.

Entwurfsplan (Zeichnung: sinai)
Wie organisieren Sie das Grünufer Nordmole?

Eine ganz einfache Geste organisiert das Ufer in der Erschließung und in der Struktur: Eine starke Promenade bildet sein Rückgrat, sie verschwenkt in der Lage und verknüpft dabei die höherliegende Stadtebene mit dem Ufer als Bewegung zwischen den Horizonten. Dadurch entfalten sich verschiedene Neigungen und Ebenen mit vielfältigen Beziehungen zum Wasser. Die Anmutung des Ufers ist plastisch und grün, es entstehen viele Ansatzpunkte für ein spannendes Parkprogramm.

In dieser Pendelbewegung zwischen Oben und Unten entsteht eine spannende Folge von Orten: Von der Flusspromenade mit ihrem Rasenplateau hinauf über geneigte Wiesen zum Stadtbalkon, der über eine Querachse in die Stadt, an den Rotterdamer Platz anbindet. Und hinunter in die Terrassenebenen der Urbanen Aue, wo die Veränderlichkeit der Wasserlandschaft sinnlich erfahrbar wird. Ein verbindendes Element über weite Längen des Grünufers ist die Sitzstufe, die den Übergang zwischen Stadtpromenade und Wiesenböschungen formuliert.

Abendstimmung bei ‚Minthes Weinbar‘ mit Blick auf den Rhein (Visualisierung: MAU)
Können Sie uns auf einen Spaziergang über das Gesamtprojekt mitnehmen als ob es schon fertiggestellt wäre?

Auf der Südmole ist gerade Weinfest, das wird uns jetzt echt zu stressig. Wir warten einen Moment an der Klappbrücke, bis die Boote durch sind und dann sind wir schon drüben an der Nordmole. Unten am peak nochmal ein Blick zurück auf den Trubel im Süden, dann schlendern wir dankbar am Ufer entlang. Natürlich musstest Du an der Sportsbay wieder angeben, aber ehrlich: nach zwei Klimmzügen war Schluss. Wir lassen uns auf die Rasenböschung plumpsen und gucken zur Petersaue rüber: Da ist schon Hessen! Wo sind die Kinder eigentlich? Oh, klar. Am Stadtbalkon oben wird aus einem alten Kran heraus Eis verkauft, da sind wir wieder dabei mit je drei Kugeln, lecker... Von wem ist eigentlich das Hochhaus da hinten? Ach so, die Kinder, schon wieder woanders... also wieder die Rampe runter und genau da, wo wir normalerweise immer gepicknickt haben, erstreckt sich jetzt ein weite Wasserfläche mit schilfigen Inseln. Mittendrin im Matsch die Racker. Wieder die Gummistiefel vergessen. Am Imbiss bei Schorsch oben trocknen wir die Socken und geben eine Runde Currys aus.

Die Ebenenflächen der neuen Auenterrassen bilden ein Auditorium der neuen Urbanen Aue (Visualisierung: MAU)
Auch an einem Regentag lassen sich in Gummistiefeln die Veränderlichkeiten des Rheinufers erkunden (Visualisierung: MAU)
Welche landschaftsarchitektonischen Themen war Ihnen beim Gesamtkonzept für das „Grünufer Nordmole“ wichtig?

Sinai hatte ja bereits das Freiraumkonzept für den Zollhafen auf der Stadtebene entwickelt. Die Nordmole war im Hinblick auf den Wettbewerb hier davon ausdrücklich ausgenommen. Wir sind wirklich erleichtert ihn gewonnen zu haben, weil wir das Freiraumsystem immer als Repertoire kontrastierender Räume gedacht haben und die Nordmole darin immer eine Art grünen Höhepunkt darstellte. Wir haben nun also das Privileg, das Projekt Zollhafen zu vollenden, indem wir zwar in vielen Details mit dem Vorhandenen kommunizieren, hier aber den grünen Kontrastraum schaffen dürfen. Ein uns besonders lieber Aspekt ist die Urbane Aue als temporär überschwemmter Abschnitt, in dem wir das notwendige Retentionsvolumen verarbeitet haben, vor allem aber einen Ort schaffen, an dem wir die Veränderlichkeit der Flusslandschaft als Gestaltungsthema in das Ufer einbeziehen.

Die neuen Auenterrassen im Schnee (Visualisierung: MAU)
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?

Der Auftraggeber möchte mit der Planung umgehend beginnen. Ziel ist ein Baustart 2022, damit noch im Jahr 2023 eröffnet werden kann.

Übersichtsplan (Zeichnung: sinai)
„Grünufer Nordmole“ des Zollhafens in Mainz
Einladungswettbewerb
 
Auslober/Bauherr: Zollhafen Mainz GmbH & Co. KG, Mainz
 
Jury
Michael Triebswetter, Vors. | Priska Jungbauer | Horst Kübert | Marianne Mommsen | Ingrid Udelhoven
 
1. Preis - nach Überarbeitung
Landschaftsarchitekt: SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH, Berlin, Frankfurt am Main
 
2. Preis - nach Überarbeitung
Planorama Landschaftsarchitektur – Maik Böhmer, Berlin
 
3. Preis
Landschaftsarchitekt: GREENBOX Landschaftsarchitekten, Köln, Bielefeld, Stuttgart

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