Umgestaltung und Erweiterung Grundschulzentrum, Boizenburg/Elbe

Lernort mit Identität

Peter Petz
13. September 2017
Blick auf das Grundschulzentrum

Die mecklenburgische Kleinstadt Boizenburg/Elbe will die bestehende Ludwig-Reinhard-Grundschule umgestalten und zum Grundschulzentrum für etwa 450 Grundschüler erweitern. Wie haben Sie auf den Kontext reagiert?
Prof . Gesche Grabenhorst (GG): Zu Beginn haben wir den Kontext als ein solitäres Schulgebäude vorgefunden, das eine Erweiterung erfahren sollte. Bei dem eigentlichen Schulbau handelt es sich um einen historischen Baustein, der Ludwig-Reinhard Grundschule, der durch Spiegelung seiner U-Form zu einem geschlossenen Baukörper mit Innenhof wird. Es entsteht ein ringförmiger Umlauf, der den Innenhof mit unterschiedlichen Bereichen und verschiedenen Aufenthaltsqualitäten umspielt und somit dem neuen Platzbedarf zugutekommt. Das neue Schulgelände wird außerdem durch eine Dreifeld-Sporthalle, Sportplatz und eine Kita erweitert; durch die umgebenden Grünflächen für die Kinder erlebbar mit Pausen- und Spielbereichen konzipiert.

Roger Ahrens (RA): Wir haben sehr viel Wert darauf gelegt, dass sich der Neubau hell und freundlich präsentiert – besonders bei Schulbauten finden wir, dass eine unterstützende Atmosphäre eine sehr wichtige Rolle in der Schularchitektur spielt. Das neue Gebäude entspricht außerdem aktuellen wirtschaftlichen, energetischen und nachhaltigen Ansprüchen. Für die Fassade ist ein Backstein-Mauerwerk vorgesehen, um die Einheitlichkeit mit dem Bestandsgebäude zu gewährleisten und den Duktus fortzuführen; der Klinker sorgt letztlich für das einheitliche und später zusammenhängend wirkende Erscheinungsbild.

Lageplan

Wie kamen Sie zum neuen Baukörper? Welche Freiraumqualitäten sehen Sie vor?
GG: Der Entwurf für den Neubau ist aus dem Bestandbau entstanden. Die vorhandene Kubatur haben wir in schlichter Einfachheit weitergeführt. In der Umgebung finden sich bereits viele ein- bis zweigeschossige Gebäude, ebenso wie das Bestandsgebäude, sodass wir hier die vorhandenen Höhen aufgenommen haben und diese praktisch als Anknüpfungspunkt für die Weiterentwicklung nutzen. Ziel war es Alt- und Neubau in einer angemessenen Form miteinander zu verschmelzen.

RA: Die Idee war im Sommer die Innen- und Außenraum ineinander übergehen zu lassen – durch bodentiefe Fenster in der Aula und den direkten Bezug zum Innenhof entsteht so ein hochwertiges Raumgefüge. Die Freiraumgestaltung von nsp christoph schonhoff landschaftsarchitekten stadtplaner sieht analog dazu eine räumliche Gliederung des Außenbereiches vor. Grünflächen und versiegelte Plätze wechseln sich ab und jeweils altersgerechte Themen werden die Gestaltung bestimmen. Laute und leise Bereiche, ein grünes Klassenzimmer, ein Schulgarten, Sitzgruppen und ein Freilufttheater bilden abwechslungsreiche und spannende Bereiche für die Schülerinnen und Schüler. Zum Rand des Schulhofs wird die Grünbepflanzung dann dichter und geht in Hecken über, die das Grundstück eingrenzen. 

Ansicht Süd
Ansicht Nord

Wie organisieren Sie den Neubau und die Schnittstellen zum Altbau?
RA: Wie gesagt, ist der Zusammenhang zwischen Erschließungstypologie und Gestaltfindung der Klinker als auch die vorhandene Struktur. Die bauliche Schnittstelle zwischen Alt und Neu soll dabei nicht besonders thematisiert werden. Beim «Weiterbauen» vertrauen wir auf die Kraft des Backsteins und seine materialgerechte Fügung. 

Grundriss Erdgeschoss

Welches innenräumliche Thema war Ihnen besonders wichtig?
GG: Besonders bei Schulbauten ist uns wichtig, einen (Lern-) Ort mit Identität zu schaffen. Deshalb sind vor allem die Innenräume und Hauptaufenthaltsbereiche des Schulanbaus klar und übersichtlich organisiert. Die im Erdgeschoss befindlichen Gemeinschaftsräume sind sehr flexibel nutzbar, damit sich das Schulleben in unterschiedlichster Form zum einen Präsentieren und zum anderen in neuen Formen lernfähig ist und stehen immer im unmittelbaren Bezug zum Außenraum. Dialog- und Konzentrationsflächen wechseln sich ab und die Klasseräume sind flexibel zu nutzen. Durch die großen Glasflächen in der Aula und großzügigen Fenster in den Klassenräumen besteht zu jedem Zeitpunkt ein Blickbezug zwischen Innen- und Außenraum – Wärme und Zuverlässigkeit werden ausgestrahlt.
Die Atmosphäre unterstützt Lernen und Lehren und führt zu einem positiven Erleben der Umwelt. 

Innenraum

Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
RA: Laut der Stadt Boizenburg/Elbe sind die Beendigungen der Bauarbeiten einschließlich Turnhalle und Außenanlagen für das Schuljahr 2020/2021 geplant, sodass der Umzug in den Sommerferien stattfinden kann. Momentan befinden wir uns noch in der Entwurfsphase, haben jedoch das Ziel diesen Termin einzuhalten und halten es für realistisch dem Grundschulzentrum bis 2021 einen neuen Lernort zur Verfügung zu stellen. Im Bestand weiterzubauen bietet immer wieder eine spannende Herausforderung und wir freuen uns sehr auf dieses Projekt.  

Vielen Dank für das Gespräch!

Umgestaltung und Erweiterung Grundschulzentrum, Boizenburg/Elbe
Nichtoffener Realisierungswettbewerb

Auslober/Bauherr: Stadt Boizenburg /Elbe, Boizenburg/Elbe
Betreuer: BIG-Städtebau GmbH, Kronshagen, Neubrandenburg, Perleberg, Kiel, Berlin

Jury
Prof. Joachim Andreas Joedicke, Vors. | Joachim Brenncke | Klaus-H Petersen | Christine Rutsch | Michael Schweizer | Heinz Gohsmann | Lutz Heinrich | Marlies Reimann | Rainer Wilmer

1. Preis
Architekt: ahrens & grabenhorst architekten stadtplaner BDA, Hannover
Landschaftsarchitekt: nsp christoph schonhoff landschaftsarchitekten stadtplaner, Hannover

2. Preis
Architekt: kleyer.koblitz.letzel.freivogel, Berlin, München
Landschaftsarchitekt: SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten, Berlin

3. Preis
Architekt: bof architekten bücking, ostrop & flemming partnerschaft, Hamburg
Landschaftsarchitekt: Bruun & Möllers, Hamburg

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