Sanierung einer Musikikone
Das Konzerthaus Glocke ist Bremens Stolz. Eine Modernisierung soll seine Qualität und überregionale Strahlkraft für die Zukunft bewahren. Ein deutsch-spanisches Team aus den Büros JSWD Architekten und GINA Barcelona Architects hat den Wettbewerb gewonnen.
Die Geschichte der Bremer Glocke ist lang und wechselvoll: Der Name geht auf einen mittelalterlichen Bau zurück – oder besser: auf dessen Form. Das turmartige, im Grundriss achteckige und mit einem Kegeldach abgeschlossene Gebäude war durch einen Gang mit dem benachbarten Dom verbunden. Es gehörte zum Domkapitel Bremen und wurde für Sitzungen und Zusammenkünfte genutzt. Ab 1648 diente es außerdem als Gerichtsgebäude. Ein architektonisch ähnlicher Nachfolgebau ging im 19. Jahrhundert in den Besitz eines Künstlervereins über, bevor er 1915 einem Großbrand zum Opfer fiel. Das verwinkelte Gebäude von heute, das mit dem Dom einen begrünten, baumbestandenen Innenhof umschließt, wurde vom Bremer Architekten Walter Görig entworfen und in den Jahren zwischen 1926 und 1928 errichtet. Der Klinkerbau zeichnet sich durch einen auffälligen Treppengiebel als Eingangsfront aus und ist ein wichtiger Zeuge des Expressionismus der Zwischenkriegszeit. Heute beherbergt die Glocke zwei Konzertsäle mit 430 beziehungsweise 1450 Plätzen. Auch ein Restaurant befindet sich in dem Bau. Der bekannte österreichische Dirigent Herbert von Karajan soll die Glocke zu den drei besten Konzertsälen Europas gezählt haben. Und die Sängerin Margaret Price sagte, die Glocke sei »für Sänger der beste Saal der Welt«.
Allerdings mangelt es in dem Baudenkmal an Platz und die Nutzung der Räume funktioniert nicht reibungslos. Für die Modernisierung lobte die Stadt Bremen einen nichtoffenen Planungswettbewerb in zwei Phasen aus, dem ein offener Teilnahmewettbewerb vorausging, in dem sich interessierte Architektenteams qualifizieren konnten. Die Aufgabenstellung beinhaltete die Reorganisation der bestehenden Räume und die Vergrößerung der unter Denkmalschutz stehenden Glocke (Domsheide 6–8), wobei die beiden famosen Säle unangetastet bleiben sollten. Die ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden Gebäude auf den Nachbargrundstücken Domsheide 3 und 4/5 konnten in die Planung mit einbezogen werden. Der Entwurf der Büros JSWD Architekten aus Köln und GINA Barcelona Architects aus Barcelona wurde von der Wettbewerbsjury einstimmig mit dem 1. Preis ausgezeichnet.
Das siegreiche Architektenteam möchte den Bestand im begrünten Hofraum südöstlich des Doms um einen geometrisch klaren Baukörper im Kupferkleid erweitern, der die bestehende hofseitige Dachlandschaft ergänzt. Er wird über eine gläserne Fuge mit Respektabstand an den Altbau angeschlossen. Hier ist auch das neue Eingangsfoyer vorgesehen. Mit Blick auf den jetzigen Planungsstand verspricht der Entwurf gute Bedingungen für Workshops und andere neue Veranstaltungsformate.
Weitere denkmalgeschützte Gebäude werden in das Ensemble integriert: Für die Stadthäuser Domsheide 3 und 4/5 schlägt das deutsch-spanische Entwurfsteam eine Aufstockung vor. Mit Bedacht gesetzte Öffnungen in der Fassade sollen hier mit den öffentlichen Stadträumen ringsherum kommunizieren. Das Saalfenster lässt Einblicke in den neuen »Musikerlebnisraum« zu, der zusätzlich zu den vorhandenen Konzertsälen geplant ist. Das einfallende Tageslicht soll die Multifunktionalität der Spielstätte erhöhen. Altbauten und neu hinzugefügte Gebäudeteile lassen sich zusammenschalten und gemeinsam nutzen, können aber auch unabhängig von einander erschlossen und bespielt werden.
Das Siegerprojekt stelle auch die wirtschaftlichste Lösung dar, freute sich Kristina Vogt, Bremens Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation, nach dem Juryentscheid. Allerdings sind Änderungen und womöglich auch Streichungen zu erwarten. Denn mit Blick auf die nächsten Schritte fügte die Politikerin bereits an: »Klar ist aber auch: Dies ist erst der Anfang. Der Entwurf wird im weiteren Verlauf weiterentwickelt und angepasst, um eine bestmögliche Umsetzung zu gewährleisten. Jetzt geht es darum zu prüfen, welche Elemente wir tatsächlich realisieren können.«