Mit gezackter Krone: Berlins Rathaus der Zukunft
Das Rathaus des Bezirks Berlin-Mitte neben dem historischen Haus der Statistik soll wesentlicher Baustein eines neuen Kunst- und Kulturquartiers mit Wohnungen und Ämtern sein. Bauen wird den Komplex ein Team um Atelier Schmelzer Weber Architekten.
Berlins Beamtinnen und Beamten arbeiten heute an verschiedenen Standorten: Standesamt, Stadtentwicklungsamt, Straßen- und Grünflächenamt, Ordnungsamt sowie Umwelt- und Naturschutzamt sind in unterschiedlichen Gebäuden untergebracht – das verkompliziert die Zusammenarbeit unnötig und ist für die Menschen unpraktisch. Doch der Bau des Rathauses der Zukunft soll das ändern: Die genannten Fachämter, aber auch die Serviceeinheit Facility Management und die Bezirksverordnetenversammlung mit Kinder- und Jugendparlament werden ein gemeinsames Haus beziehen.
Die Chance dazu bietet sich im Zuge der Umgestaltung des Areals um das Haus der Statistik. Auch dank dem Einsatz der Initiative Haus der Statistik wurden die Pläne verworfen, den Komplex aus DDR-Zeiten einzureißen und das Grundstück zu privatisieren. Stattdessen konnte das Land Berlin das Gelände kaufen, das bis 2017 Eigentum des Bundes gewesen war.
Das Rathaus der Zukunft wird auf dem nördlichen Teil des Areals entstehen. Der Neubau ersetzt das Rathaus des Bezirks Mitte im früheren Hotel Berolina an der Karl-Marx-Allee. Zusätzlich werden eine Bibliothek, eine Kantine und Ausstellungsräume eingerichtet, und auch die erwähnten Ämter und Fachstellen finden natürlich Platz. Auf der Suche nach einem passenden Architekturentwurf wurde ein in zwei Phasen unterteilter Wettbewerb veranstaltet: In der ersten für alle offenen Runde wurden Architektinnen und Architekten ausgewählt, die im Team mit Landschaftsarchitekten, Ingenieurinnen und Tragwerksplanern an der Endrunde teilnehmen durften. In einem Ideenteil waren zusätzlich Vorschläge für den Freiraum entlang der Otto-Braun-Straße gefragt.
Die Jury unter Vorsitz der Architektin Birgit Rapp hatte 20 Arbeiten zu bewerten. Sie vergab drei Preis und zwei Anerkennungen. Der überzeugendste Entwurf für das neue Rathaus gelang dem Dresdner Entwurfsteam aus Atelier Schmelzer Weber Architekten, Storch.Landschaftsarchitektur, BfB – Büro für Baukonstruktionen und IPROconsult. Auch beim Ideenteil, bei dem die Jury vier gleichwertige Preise vergab, wurde das Team ausgezeichnet.
Petra Kahlfeldt, Berlins Senatsbaudirektorin und Staatssekretärin für Stadtentwicklung, freut sich über das Siegerprojekt: »Der prämierte Entwurf schafft mit einem neuen Hochhaus an der Otto-Braun-Straße eine wichtige städtebauliche Setzung und fügt sich in das Ensemble am Haus der Statistik ein. Das Rathaus wird mit seinen vielschichtigen Angeboten einen wichtigen Beitrag für die Menschen in Berlin-Mitte leisten.« Der Entwurf von Atelier Schmelzer Weber orientiert sich an seinem baulichen Umfeld: Geplant ist eine schmale Hochhausscheibe, die sich über einem großen mehrgeschossigen Sockel mit Dachgärten erheben wird. Die Sockelfassade verläuft über einem Arkadengang in regelmäßigen, teils geschossweise gegenläufigen Zickzacklinien. Die Konferenzebene für die Fraktionen mit dem Plenarsaal der Bezirksverordnetenversammlung verstärkt im zweiten Obergeschoss diese Faltung im Sturzbereich und zeichnet sich so an der Fassade ab. Das Motiv der schräg gestellten Flächen wiederholt sich beim oberen Abschluss des Hochhauses, wo ein Stadtbalkon für die Bevölkerung eingeplant ist.
Das Entwurfsteam gestaltete das Haus bewusst als Gegenüber zu den Nachbarbauten der Ostmoderne. Einkleiden will es den Bau mit lokalem Travertin. Der umlaufende Arkadengang im Erdgeschoss bildet einen Witterungsschutz für Fußgänger. Er lässt die Tiefgarageneinfahrt – selbst das als Pionierprojekt gedachte Rathaus wird Autostellplätze im Untergrund bekommen – subtil in die zweite Ebene rücken. Dank des geschützten Umgangs hat das Haus keine Rückseite, selbst die Anlieferung ist in die repräsentativen Arkaden integriert. Zum Innenhof dienen sie als geschützter Freisitz der Kantine.
Im Sommer werden die Entwürfe aus beiden Wettbewerbsphasen öffentlich ausgestellt. Die Bauarbeiten dürften frühestens 2029 beginnen und könnten bis 2035 abgeschlossen sein. Zuletzt wurde mit Baukosten in Höhe von 114 Millionen Euro gerechnet.