Mauerpark-Regeneration unter Argusaugen

Manuel Pestalozzi
13. Dezember 2022
Der nach Westen orientierte Hang im einstigen Grenzstreifen durch Berlin ist ein beliebter Aufenthaltsort. (Foto: Traktorminze/Wikimedia Commons)

Der Mauerpark hat eine bewegte Geschichte. Vom landwirtschaftlich genutzten Gelände verwandelte es sich in einen Exerzierplatz, hinzu kamen ein Bahnhof und Güterumschlagsplatz. Später folgten Sportanlagen und ein Stadion. Hart an der Zonengrenze fanden 1951 die III. Weltjugendfestspiele statt. Bei dieser Gelegenheit entstand an der Westseite des Stadions zur Schwedter Straße eine aus Kriegstrümmern aufgeschüttete, etwa 15 Meter hohe Böschung. Nach dem Bau der Mauer bildete sie einen Abschnitt des Grenzstreifens; auf ihrer Grat verlief die Hinterlandmauer, an ihrem Fuß die Vorderlandmauer. 

Nach dem Mauerfall war das Interesse der Bevölkerung an dieser innerstädtischen Freifläche sehr groß; 1990 wurde eine Initiative für einen Kinderbauernhof lanciert, fast gleichzeitig fand eine große Baumpflanzaktion statt. Anfang 1992 veranstaltete der Berliner Senat einen Wettbewerb zur Gestaltung des Mauerparks, der von dem in Kassel domizilierten Landschaftsarchitekten Gustav Lange (1938–2022) gewonnen wurde. Noch im selben Jahr beschloss der Berliner Senat, ein gut sieben Hektar großes Teilstück nach den Plänen Langes als Park auszubauen, 2005 folgte eine Erweiterung nach Norden. Nach einem längeren, zähen Streit konnte von 2013–2020 auch eine Erweiterung nach Westen vorgenommen werden.

Die Maßnahmen im ursprünglichen Parkteil sollen das ursprüngliche Gestaltungskonzept erhalten. Norden ist in dieser Darstellung links. (Plan: © Henningsen Landschaftsarchitekten)
„Qualifizierung“ des alten Teils

Besonderer Beliebtheit erfreut sich die erste Parketappe im Böschungsbereich, wo man bei klarem Himmel in die untergehende Sonne blinzeln kann. Die Anlage wird hier arg strapaziert: Wiesen, Sträucher, Infrastrukturen und Wege leiden unter dem Nutzungsdruck. Grün Berlin, der Bezirk Pankow und die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz arbeiten deshalb an einer „Qualifizierung“ des alten Teils des Mauerparks sowie des Falkplatzes. 

Finanziert wird das Projekt aus dem Programm „Zukunft Stadtgrün“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Zu den geplanten Massnahmen zählen eine Neugestaltung des Spielplatzes „nach modernen Anforderungen“, die Ergänzung des Falkplatzes um weitere Spielmöglichkeiten sowie Sportangebote oder eine Erweiterung der Barrierefreiheit im Gelände. Mit der Gestaltung wurde das Planungsbüro Henningsen Landschaftsarchitekten BDLA aus Berlin beauftragt. entwicklungsstadt.de meldet, dass sich das Büro nach eigener Aussage streng an den Mauerpark-Plan von Gustav Lange aus dem Jahr 1993 halten möchte.

Bis zu einem gewissen Grad ist die „Qualifizierung“ eine Restaurierung. Die Böschung, auch „Sonnenhügel“ genannt, soll ihre bisherige Form behalten, von Gustav Lange geplante Bäume und Hecken darauf nachgepflanzt werden. Die wachsame Berliner Bürgergesellschaft hält ein kritisches Auge auf die Vorgänge, die zwischen 2022 und 2027 die Zugänglichkeit des Parks verhindern oder beeinträchtigen werden. Die Initiative „Freunde des Mauerparks“ hat sich nach eigenem Bekunden in den letzten Monaten mit großem Engagement dafür eingesetzt, dass der Park auch nach der „Qualifizierung“ seinen Charme behält und ein Ort der Begegnung und des Miteinanders bleibt. Am Herzen liegt der Initiative zudem das Wohl der im Park heimischen Pflanzen und Tiere. Doch auch die Verbesserung der Klimaresilienz soll bei dieser Gelegenheit erfolgen: Artenreiche, Schatten spendende sowie deutlich klimaresilientere Neupflanzungen sollen gemäß entwicklungsstadt.de den Park zukunftsfähig machen und ihn besser rüsten für Dürreperioden. Ein teilautomatisiertes Bewässerungssystem soll dabei helfen, die Pflege der Pflanzen und Grünflächen nachhaltig zu sichern. Auf jeden Fall wird sich erneut zeigen müssen, wie viel Menschen die auf einstigen Kriegstrümmern wachsende Vegetation überhaupt aushält.

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