James Bridle erhält Schelling-Preis doch nicht

Katinka Corts | 10. Dezember 2024
Blick auf den Dwaalster Park in Vijversburg, der von LOLA Landscape Architects aus Rotterdam gestaltet wurde. (Foto: Iwan Baan)

Das Kuratorium der Schelling-Architekturstiftung hatte für den diesjährigen Schelling-Architekturpreis drei Büros nominiert, die sich auch abseits des klassischen Berufsbilds mit der Transformation der Bauwelt befassen. Eine der Nominierungen galt der katalanischen Landschaftsarchitektin und Agronomin Teresa Gali-Izard. Sie lehrt an der ETH Zürich und beschäftigt sich mit der Landschaft als Lebensgrundlage künftiger Generationen. Mit Bas Smets aus Brüssel war ein weiterer Landschaftsarchitekt nominiert. Der Belgier ist überzeugt, dass der Landschaftsplanung eine Schlüsselrolle beim Wandel des Bauwesens zukommt.

Gewählt aber wurde schließlich das Büro LOLA Landscape Architects aus Rotterdam. »Es gibt nur wenige Planer, die sich so breit aufgestellt haben und das große Ganze im Blick haben wie Lola Landscape Architects«, hieß es in der Laudatio. Ein besonderer Schwerpunkt des Büros, das auch forscht und publiziert, liegt auf der Neugestaltung ausgedienter Industrieareale. Die Jury sieht die Preisträger als »Impulsgeber für komplexe Stadtumbauprojekte«.

LOLA Landscape Architects erhalten den diesjährigen Preis der Schelling-Architekturstiftung. Cees van der Veeken, Eric-Jan Pleijster und Peter Veenstra sind die Gründungspartner des Büros. (Foto: Titia Hahne)
Das Büro gestaltete den Forest Sports Park im chinesischen Shenzhen. (Foto: © LOLA Landscape Architects)

Für Aufregung sorgte unterdessen der nicht vergebene Architekturtheoriepreis. Eigentlich war der britische Autor, Künstler und Theoretiker James Bridle einstimmig gewählt worden. Ehren wollte man ihn für seine herausragenden Beiträge zur Architekturtheorie. Dann jedoch die Kehrtwende: Zwei Tage vor der Preisverleihung Ende November verkündete die Schelling-Architekturstiftung, dass der Preis 2024 nicht vergeben werde. James Bridle hatte im Online-Magazin The Literary Hub einen Aufruf zum Boykott israelischer Kultureinrichtungen unterzeichnet – wie auch viele andere Persönlichkeiten aus Kunst und Literatur. 

In einer Mitteilung schreibt die Stiftung: »Die Schelling-Stiftung stellt dies vor ein Problem, das sich aus dem Bewusstsein für die nationale Geschichte Deutschlands und der sich daraus ergebenden Verantwortung ergibt. James Bridles Unterschrift unter dem Aufruf zum Boykott israelischer Kultureinrichtungen steht in direktem Widerspruch zu dieser Verantwortung – und ist der Anlass dafür, dass die Stiftung ihm den Preis nicht verleihen kann. Das hat die Stiftung in allen ihren Gremien einstimmig beschlossen.« Man respektiere zwar das Recht eines jeden, seine politische Haltung kundzutun, und die Stiftung werfe James Bridle auch nicht Antisemitismus vor. Doch sie könne »weder einen Aufruf zur kulturellen Isolation Israels unterstützen, noch damit in Verbindung gebracht werden«. Letzteres ist wohl die größere Sorge der Verantwortlichen. Bridle fasst die Entscheidung als klaren Affront auf. Der britischen Tageszeitung Guardian sagte er: »Auch wenn sie nicht bereit sind, es offen auszusprechen, ist die Entscheidung der Stiftung ein Vorwurf des Antisemitismus, der verabscheuungswürdig ist. Dies gilt insbesondere angesichts der eigenen Geschichte der Organisation.«

Die Schelling-Architekturstiftung wurde 1992 in Karlsruhe von Trude Schelling-Karrer und Heinrich Klotz, dem ersten Direktor des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt am Main, gegründet. Die Stiftung ist nach Ernst Schelling benannt, der als Architekt und lehrender Beamter eng mit dem nationalsozialistischen Regime verflochten war und dessen Tätigkeit bereits vielfach kontrovers diskutiert wurde. 

 

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