Frankfurt als Design-Drehscheibe

Natalie Kreutzer | 20. Februar 2025
Das Sonderprogramm Future of Work Academy zog mit Fachvorträgen und Messeführungen auch heuer viele Gäste an. (Foto: © Messe Frankfurt Exhibition GmbH/Jens Liebchen)

Identität entwickeln, einzigartige Orte schaffen, an denen Menschen gerne zusammenfinden, Anziehungspunkte bieten – Kernbotschaften, die bei der diesjährigen Weltleitmesse der Konsumgüterbranche vermehrt zur Sprache kamen, sei es im Kontext der Zukunft von Hospitality, Interior oder Future Work. In diesem Sinne setzte auch Ambiente-Designer 2025 Fabian Freytag mit seiner Präsentation »The Lounge – Shades of Space« ein Statement gegen Austauschbarkeit: »Hospitality sollte theatral, sinnlich und mutig sein – und vor allem Spaß machen.« Die Branche durchlaufe eine tiefgehende Transformation und, so Freitag: »Identität ist alles. Gäste erwarten keine neutralen Räume mehr, sondern Orte mit Charakter, die überraschen, provozieren und im Gedächtnis bleiben.« Sich dahingehend Inspiration zu holen, dafür war die Ambiente 2025 mit ihren Produkt- und Designwelten wie auch dem ausgewählten Rahmenprogramm der Ort des Geschehens schlechthin.

Future of Work Academy: Bei den Architektentagen von World-Architects veranschaulichte Innenarchitektin Katrin Jacobs (HENN, München) aus der Praxis, wie moderne Arbeitswelt-Konzepte funktionieren können. Für sie liegt die Zukunft in der Transparenz: »Es braucht Architektur bzw. Innenarchitektur, die Blickbeziehungen zulässt, die sozusagen schon visuell und auch übers Hören vernetzt. Kein Mittelflur mit ›Einzelhaft‹, wo du noch nicht einmal in die Büros hineinschauen kannst. […] Es geht um diese Zwischenräume, in denen ich mich rund um meinen Arbeitsplatz bewege, die müssen größer werden, anders bespielt, da muss ich Leute treffen und auch mal stehen bleiben können.« (Foto: © World-Architects.com)
Future of Work-Academy beflügelte den Diskurs zur Arbeitswelt der Zukunft

Ähnliche Impulse wie eingangs erwähnt vermittelten auch die international renommierten Vortragenden zur Arbeitswelt der Zukunft während der Future of Work-Academy im gleichnamigen Areal. Im Zuge der Architektentage von World-Architects etwa teilte, neben anderen Top-Referentinnen und -referenten, Chris Middleton (Kinzo, Berlin) mit seinem Vortrag zu »Vom Büro mit Identitätskrise zum Place to Be« seine Sichtweise zeitgemäßer Arbeitslandschaften bzw. einer zukunftsorientierten Arbeitsorganisation. Dabei gelte es immer, so Middleton, »die Menschen zu überzeugen, sie mitzunehmen, an neue Situationen zu gewöhnen. Dieser Gewöhnungsprozess ist extrem wichtig. Das müssen die Unternehmen auch ernst nehmen. […] erst, wenn die Nutzerinnen und Nutzer sehen, wie die Zusammenhänge sind, dann wird es angenommen und funktioniert – und kann sich weiterentwickeln.« 

Christian Olaf Schmidt (Schmidt Plöcker Architekten, Frankfurt am Main) stellte bei seinem Vortrag »Schöne neue Arbeitswelt!?« im Rahmen der Architektentage by World-Architects die Mechanik unseres Verständnisses von Arbeit in Frage, ausgehend von der sprachlichen Herleitung des Wortes Arbeit: »Das bedeutet eigentlich Knecht, Frondienst oder Ausbeutung. […] Ich frage mich, ob wir anders über Arbeit nachdenken müssen. Und das hat mit zwei Komponenten zu tun. Das eine ist, einen Rahmen zu schaffen für Arbeit und das andere ist, ein Mindset, wie wir miteinander arbeiten. Und dieses Rahmen-schaffen ist etwas, was wir als Architektinnen und Architekten beeinflussen können. Am Mindset jedoch, an den Themen Kooperation und Partnerschaft, daran müssen wir gemeinsam arbeiten. Wir Architekten, wir malen keine Bilder – wir machen den Rahmen, in den die Nutzerinnen und Nutzer ihre Bilder reinhängen können.« (Foto: © World-Architects.com)

Zum Place to be von heute versus morgen ergänzt Chris Middleton: »Ich glaube, wir sind mittendrin in dieser Entwicklung und der Place to be, der kann immer extremer werden, immer stärker auch in eine Richtung gehen, zum Beispiel Gastronomie oder Hotellerie, so dass sich am Ende eine Bürofläche gar nicht mehr unterscheiden wird von einem Hotel.«

Neu: die Interior Looks etablierter Möbelmarken

Auf dem neuen Areal Interior Looks in Halle 3.1 präsentierten sich deutsche und europäische Möbel-, Leuchten- und Textilhersteller aus dem Premiumsegment. Damit eröffnete die Ambiente der Möbelbranche gezielt neue Geschäftskontakte für die Wachstumsmärkte Contract und Hospitality Business. »Frankfurt ist der ideale Ort für Möbel, denn Trends entstehen dort, wo Innovationen aus allen Konsumgüterbereichen präsentiert werden«, erklärt Kurator Bernd Schellenberg, Innenarchitekt und Branchenkenner. Allem voran stehe auch der Netzwerkgedanke. Mit dabei waren Unternehmen wie die Bielefelder Werkstätten, Christine Kröncke Interior Design, Fine Furniture, JAB Anstoetz Group, Raasch, Rodam, Serax, Scholtissek und Signet.

Die Interior Looks-Aussteller bedienten beispielhaft unterschiedliche Wohn- und Lebensbereiche, mit einem hochwertigen Angebot an Tischen, Stühlen, Schränken, Polstermöbeln, Betten und Wohntextilien (Foto: © Messe Frankfurt Exhibition GmbH/Jens Liebchen)
Messeübergreifende Nachhaltigkeit

Das Bewusstsein für ressourcenschonendes Wirtschaften wächst, womit nachhaltige Produktlösungen immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die Messe Frankfurt kennzeichnet mit dem Ethical Style-Label Aussteller, die ökologisch hergestellte und sozial verträgliche Produkte führen. Vor zehn Jahren war die Ambiente Vorreiter für den nachhaltigen Konsum. Zu diesem Jubiläum zeigte das Ethical Style-Programm nun eindrücklich seinen Fortschritt: Erhielten anfangs 198 Aussteller das Label, waren es 2025 über alle drei Messen – Ambiente, Christmasworld und Creativeworld – hinweg insgesamt 354.

28 internationale Designtalente setzten in Halle 3.1 konzeptionell starke und deutliche Impulse für die Warenwelt der Zukunft. (Foto: © World-Architects.com) 
Kuratiertes Talents-Areal fördert Newcomer

Es eint sie der Wille, die Produktwelt neu zu gestalten: Die beeindruckenden Ergebnisse wurden auf der Ambiente präsentiert. Viele der jungen Designschaffenden sammelten dabei ihre erste internationale Erfahrung. Mit dem Talents-Programm fördert die Messe Frankfurt gezielt Newcomer aus der ganzen Welt und kooperiert dafür unter anderem mit internationalen Design-Awards sowie Initiativen wie den German Design Graduates. Im Gestaltungsansatz dominierte der Trend: »Think local, act sustainable.« So etwa entwickelte die Niederländerin Laura van de Wijdeven (Studio LVDW) einen Keramikrohstoff aus Eierschalen – inspiriert von der immensen Eierproduktion ihres Landes –, der am Ende seiner Lebensdauer kompostiert und zur Aufbereitung von Böden verwendet werden kann. Auf der Messe präsentierte sie eine Auswahl an dekorativen Objekte, die sie mit der «Eierschalen-Keramik» umgesetzt hatte.

Hospitality Tandem von World-Architects am Messe-Montag: Wie die enge Zusammenarbeit von Hoteliers und Architekten für zufriedene Gäste in der Praxis funktionieren kann, darüber berichteten (links im Bild) Architekt Sebastian Pajakowski (Design Director, FRANKEN Generalplaner, Frankfurt am Main) und Hotelier Björn Rapanis (lyf Champion, lyf East Frankfurt, Frankfurt am Main). Durch das Gespräch und auch die anschließende Tour führte CEO World-Architects Renato Turri (Mitte). (Foto: © World-Architects.com)
Die Messe zieht positives Resümee

Das Messetrio aus Ambiente, Christmasworld und Creativeworld verzeichnete einen wahren Besucheransturm. »Die Messen waren herausragend – die Hallen waren voll, das Networking lebendig, die Dynamik überall spürbar«, betont Detlef Braun, Geschäftsführer der Messe Frankfurt. »Die globale Konsumgüterbranche steht vor enormen Herausforderungen – stagnierende Märkte, strukturelle Veränderungen und wirtschaftliche Unsicherheiten. Genau hier setzen wir an. Wir heben zusätzliche Geschäftspotenziale und schaffen ein globales Netzwerk, das die Widerstandsfähigkeit stärkt.« 4660 Aussteller, rund 148'000 Messebesuchende mit einer Besucherzufriedenheit von 95 Prozent, über 170 Nationen, diese Fakten zeigen erneut: Die Branche ist in Bewegung – und Frankfurt bleibt ihr zentraler Treffpunkt.

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