Einsatz für mehr Aufenthaltsqualität in Stuttgart

Manuel Pestalozzi
6. Februar 2023
Freiräume wie der Schlossplatz von Stuttgart sollen eine möglichst breite Nutzungsvielfalt erlauben. Ganz ohne Kontrolle und Steuerungen der Nutzungen auch über die Stadtmöblierung wird es aber kaum funktionieren. (Foto: © Thomas Wagner/Stadt Stuttgart)

Einen Tag vor Heiligabend berichtete SWR aktuell im vergangenen Jahr über eine Stadtführung durch Stuttgart, die der „defensiven Architektur“ gewidmet war. Die Besichtigungstour führte zu Spikes und Betonklötzen, welche den Zugang zu überdachten, windgeschützten Orten verhindern, zu Sitzgelegenheiten aus kalten Eisengittern oder zu einzelnen Stühlen im Freiraum, die nur einer Person das aufrechte Sitzen ermöglichen und zum Hinlegen nicht taugen. Hinter diesen Missständen steht gemäß dem Beitrag eine Idee der Stadtplanung aus den 1990er-Jahren. Es habe damals berechtigte Bedenken zum Thema Sauberkeit und Sicherheit gegeben. Eine entsprechende Ausstattung des öffentlichen Raumes sei die Folge – und bis heute die Norm, die keiner hinterfrage, wird ein Professor für Sozialwissenschaftliche Stadtforschung zitiert.

In Stuttgarts Amt für Stadtplanung und Wohnen ist diese Berichterstattung nicht unbemerkt geblieben. Am 24. Januar hat es im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik Gegenbeispiele zur „defensiven Architektur“ vorgestellt. Gezeigt wurden Sitzmöglichkeiten, die im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt aufgestellt sind. Sie sollen die Aufenthaltsqualität verbessern. Das Stadtplanungsamt habe dabei „alle zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer“ im Blick, unabhängig von Geschlecht, Alter und sozialer Herkunft, beeilt sich die Pressemitteilung der Stadt zu beteuern. Dabei wird auch auf die Projekte „Lebenswerte Innenstadt“ und Stadtentwicklungspauschale (Step) hingewiesen. Letztere dient dazu, das Wohnumfeld in den Stadtbezirken zu verbessern. 

Die Stadt erinnert in dieser „Verteidigungsschrift“ allerdings auch daran, dass die Deutungshoheit über den öffentlichen Raum eine schwierige Angelegenheit ist, insbesondere der Grad an Kontrolle und Überwachung. So weist sie darauf hin, dass man zwar durch Umwidmung von Flächen neue Nutzungen für Parkplätze ermöglicht, aber „Maßnahmen“ gegen bestimmte Nutzungen fortführen wird, beispielsweise gegen Graffiti-Sprayer*innen oder Skater*innen. So wurden im Ausschuss auch bauliche Maßnahmen vorgestellt, die etwa verhindern, dass die Sitzmöbel, Stufen oder Brunnen durch aggressiv angewendete Skates Schaden nehmen. Leider rückte bei dieser Präsentation der Design-Aspekt, die Berücksichtigung des Gesamteindrucks des öffentlichen Raums etwas in den Hintergrund. Die Summe der Einzelmaßnahmen sollte ein stimmiges Endresultat ergeben. Hoffentlich geht das nicht vergessen, wenn man es schon allen recht machen will. 

Mit einer Stadtmöblierung wie dieser Bank beim Hospitalhof will Stuttgart dem Eindruck einer „defensiven Architektur“ im öffentlichen Raum entgegenwirken. (Foto: Landeshauptstadt Stuttgart)

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