Doch sanieren statt neu bauen?

Katinka Corts
7. Oktober 2024
Ob der siegreiche Entwurf für Mannheims neue Stadtbibliothek realisiert wird, ist angesichts der aktuell angespannten Haushaltslage der Stadt unsicher. (Visualisierung: © Bruno Fioretti Marquez, Stadt Mannheim)

Das Mannheimer Stadthaus fasst den Paradeplatz inmitten der »Quadratstadt«, wo die Kurpfalzstraße mit dem Schloss als südlicher Abschluss auf die querende Achse Planken trifft. Das Mehrzweckgebäude im Stil der Postmoderne steht seit 2021 unter Denkmalschutz und ist gleichzeitig umstritten. Es wurde 1991 nach Plänen von Carlfried Mutschler (1926–1999) fertiggestellt und krankt schon länger an seiner Raumgliederung und der veralteten Haustechnik. Neben dem Rats- und dem Bürgersaal ist dort auch die Stadtbibliothek untergebracht, und lange galt die aufwendige Sanierung des Gebäudes als weder wirtschaftlich noch zweckmäßig. 

Vor der Unterschutzstellung gingen viele davon aus, dass das Bauwerk abgerissen und ersetzt werden würde. Beim Architekturwettbewerb für einen neuen Bibliotheksbau konnte sich 2020 das Berliner Büro Bruno Fioretti Marquez durchsetzen. Am benachbarten Dalbergplatz sollte die sechsgeschossige Bibliothek gebaut werden, der Baubeginn war für 2026 anvisiert. Doch nun beschreibt Finanzbürgermeister Volker Proffen die Haushaltslage der Stadt als angespannt: Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges und der Pandemie, aber auch die hohe Inflation in Deutschland belasten die Stadtkasse. Momentan wird vor allem in Schulen, die Verkehrsinfrastruktur, Grünflächen und Sportanlagen investiert – insgesamt rund 463 Millionen Euro. Dafür müssen allerdings andere Vorhaben verkleinert, zurückgestellt oder sogar gestoppt werden.

Abgeblasen könnte auch der Neubau der Stadtbibliothek werden. Mit den neuen Haushaltsvorgaben der Stadt und den geänderten Planungsbedingungen scheint das Neubauprojekt gefährdet. »In der Vergangenheit sind zu viele Projekte gleichzeitig angeschoben worden, ohne dass die dafür notwendigen Mittel bereitgestellt wurden. Parallel steigen die Kosten bei laufenden Investitionsprojekten […]. Im Ergebnis sind die Liquiditätsreserven aufgebraucht«, so Oberbürgermeister Christian Specht. »Daher haben wir sehr genau geprüft, was sich unsere Stadt derzeit leisten kann und mit welcher Priorität wir die einzelnen Projekte angehen können.« 

Das postmoderne Stadthaus am Paradeplatz in Mannheim wurde 2021 unter Denkmalschutz gestellt. (Foto: Rudolf Stricker via Wikimedia Commons)

Wenn das Stadthaus erhalten werden muss und dementsprechend eine umfassende Sanierung fällig wird – neben zahlreichen bautechnischen Mängeln weist der Bau einen immensen Heiz- und Kühlenergiebedarf auf –, könnte das die Chance bieten, auch die Stadtbibliothek in dem Baudenkmal zu erneuern. Da die Stadt aktuell das Nationaltheater saniert und diesbezüglich bereits Mehrkosten bekannt geben musste, scheint den Verantwortlichen die Option, sich den Neubau zu sparen und stattdessen das postmoderne Gebäude doch weiterhin zu nutzen, interessant. Laut einer Machbarkeitsstudie aus dem vorigen Jahr wäre es am sinnvollsten, das Stadthaus als Rathaus umzunutzen. Inwieweit diese Pläne Raum für eine zeitgemäße Bibliotheksnutzung im Haus lassen, muss nun ebenfalls überlegt werden.

Andere Artikel in dieser Kategorie