Deutschland, deine Schlösser...

Katinka Corts
22. Januar 2014
Das neue alte Schloss, eingebettet inmitten der Stadt (Bild: maps.google.com)

Die gemalte Pfeife, die keine ist – «Ceci n’est pas une pipe» schrieb René Magritte unter sein berühmtes Bild. Leicht abgewandelt steht der Spruch nun als Kunstprojekt am neuen alten Stadtschloss in Potsdam: «Ceci n'est pas un château» prangt in goldenen Lettern an der Innenhoffassade des Schlosses, das in seinem Äußeren den Vergleich mit den Hohenzollernschlössern sucht, im Inneren aber keines sein soll.

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 waren große Teile des einst prächtigen Schlosses zerstört; an einen Wiederaufbau dachte die DDR bald nicht mehr. Nach 15 Jahren Verfall entschied die Regierung – wie auch beim Stadtschloss Berlin bereits 1950 geschehen – die noch erhaltenen Fragmente zu sprengen und den gewonnenen Platz für einen großen Verkehrsknoten zu nutzen. Mit der politischen Wende erstarkte der Wunsch nach einem Wiederaufbau des Schlosses; eine 1997 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene Machbarkeitsstudie und der Entscheid für den Wiederaufbau des Fortunaportals ebneten 1999 den Weg zur Gründung des Stadtschloss-Vereins.

Kunst-am-Bau: Der Beitrag von Annette Paul (Bild: MDF Brandenburg)

2005 beschloss der Brandenburgische Landtag, ein Landtagsgebäude für Berlin und Brandenburg in den historischen Um- und Aufrissen des Schlosses an eben dessen Standort zu erstellen. Der Weg für Planung und Bau des «Landtags in historischer Hülle», wie es heute gern heißt, um das Wort «Schloss» zu vermeiden, war frei. Es war ein Wettbewerb, der Architekt Peter Kulka 2007 zum Schloss brachte. Mit dem Entwurf sollte die Mitte der Stadt nach altem Bild vervollständig werden, und gleichzeitig im Inneren ein zeitgemäßer Neubau alles bieten, was das Raumprogramm eines Landtags begehrt. Neben 400 Arbeits- und Sitzungszimmern durfte da auch eine Tiefgarage nicht fehlen.

Die Grundsteinlegung erfolgte im März 2010, vier Jahre später ist das Gebäude fertiggestellt. Endlich erstrahlt das Stadtschloss wieder im Herzen der Stadt, und die Eröffnungstagsbesucher strahlten in all der Schönheit umso mehr. Ja, schön will Potsdam sein, das erkannte auch Peter Kulka und befriedigte mit dem neuen alten Stadtschloss die Schönheitssehnsucht der Stadt. Autor Jürgen Tietz beschreibt Potsdam als eine Stadt, die «dem feinen, aber entscheidenden Unterschied zwischen einem authentischen Geschichtsdenkmal und einem <originalen> Neubau im Duktus der Vergangenheit keine allzu große Bedeutung beimisst».

Der Platz für das Schloss im März 2007 (Bild: Peter Frenkel)

Da wäre dann wieder eine Gemeinsamkeit mit Berlin gefunden, wo der unbändige Wunsch nach einem historisch anmutenden Neubau 2006 zum Abriss des Palastes der Republik führte. Mittlerweile ist die Baustelle in Berlin in vollem Gange, fertiggestellt werden soll das Schloss 2019. Und in Potsdam ist uns bis dann womöglich auch der Zahn der Zeit gnädig und schenkt dem Schloss, das keines ist, etwas historisierende Patina. Katinka Corts

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