Wo Lehre, Forschung und Praxis zusammenkommen

Manuel Pestalozzi | 2. Mai 2025
Das Herzstück des Neubaus ist eine zweigeschossige Halle, in der autonome Drohnen und Industrieroboter gebaut werden. Die Studierenden lernen in Hörsälen und Seminarräumen ringsherum. (Visualisierung: © HENN)

Deutschland setzt große Hoffnungen in die Digitalisierung. Doch um in den Bereichen KI und Robotik international wettbewerbsfähig zu werden, braucht es dringend mehr Fachleute und Forschende. Der Freistaat Bayern hat sich darum in seiner »Hightech-Agenda Bayern« ehrgeizige Ziele gesetzt: 1000 neue Professuren sollen geschaffen, 13'000 neue Studienplätze eingerichtet und 20 zusätzliche Forschungszentren aufgebaut werden. Im Zuge dieses Kraftakts eröffnete die Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt 2023 das Center für Robotik, kurz CERI. Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume träumte bei der Einweihung bereits von einem »Silicon Valley der Robotik, Wissenschaft und Wirtschaft«. Doch dafür sind zuerst bauliche Hürden zu nehmen: Tatsächlich nahm das Forschungsinstitut seine Arbeit in einem Interimsbau auf dem Konrad-Geiger-Campus auf. Jetzt liegen die Entwurfspläne für einen dringend benötigten Neubau auf dem Gelände der ehemaligen Ledward Barracks der US-Armee vor, in dem das CERI durchstarten kann: Das Münchner Büro HENN konnte sich in einem VgV-Verfahren gegen zwei Mitbewerber durchsetzen und erhielten den Zuschlag.

Internationale Forschung für Schweinfurts Industrie

Schweinfurt ist eine traditionsreiche Industriestadt und wurde für seine Wälzlagerproduktion international bekannt. Deswegen bildet das CERI vor allem für die vielen Unternehmen vor Ort aus und hat seine Forschung auf deren Bedürfnisse abgestimmt. Doch wie CERI-Leiter Tobias Kaupp versichert, sind die neun Lehrstühle seiner Einrichtung auch international bestens vernetzt. Er selbst arbeitet mit dem Robotics Institute der University of Technology Sydney und der Auburn University im amerikanischen Alabama zusammen. In Deutschland hat das CERI zusätzlich Partnerinstitute an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und kooperiert mit dem Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik der Universität des Saarlandes. Auch zur Ostschweizer Fachhochschule bestehen gute Kontakte.

Der Forschungscampus in Schweinfurt wird Schritt für Schritt ausgebaut: Die Bauten am unteren Bildrand stehen bereits, daneben ist der geplante CERI-Neubau zu erkennen. (Modellfoto: © HENN)
Blick auf den Eingangsbereich mit Vorplatz (Visualisierung: © HENN)
Ein Drohnen-Startplatz und recyceltes Aluminium

Der CERI-Neubau wird Teil eines Forschungscampus sein, der sukzessive an Schweinfurts Stadtrand entsteht. Herzstück des Hochschulbaus für 350 Studierende und Forschende ist eine zweigeschossige Fertigungshalle mit umlaufender Galerie, in der vor allem autonome Drohnen und Industrieroboter gebaut werden sollen. Um diese Forschungswerkstatt herum sind die Hörsäle, Seminarräume, Büros und Labors angeordnet, sodass Lehre, Forschung und Praxis eng zusammenrücken. Mit einem Lastenaufzug können die entwickelten Maschinen auf die Dachterrasse gehievt werden, wo ein Vertiport zur Erprobung von Drohnen geplant ist. Flugfeld, Abstellplatz und Hangar sind dabei linear angeordnet, weil die Flugobjekte senkrecht starten und landen. Außerdem wirkt der Hangar in dieser Konfiguration als Schallschutzbarriere für den übrigen Campus.

Im Freien wird ein begrünter Vorplatz mit Sitzgelegenheiten zum Verweilen einladen. Die Fassade des Neubaus soll ästhetisch und zugleich funktional sein: Durch große Verglasungen und Rücksprünge auf der Nord- und Südseite wird viel Tageslicht in die Fertigungshalle dringen. Perforierte weiße Aluminiumpaneele, die teils fest, teils beweglich als Klappläden montiert sind, wirken als Filterschicht: Sie lassen viel Licht durch, schützen aber gleichzeitig die Unterrichts- und Forschungsräume vor Einblicken und Überhitzung. Dabei sind die beweglichen Elemente automatisch gesteuert und reagieren selbstständig auf die Sonneneinstrahlung. 

Der Umwelt zuliebe wird das Gebäude nicht unterkellert und die Fassadenpaneele bestehen aus recyceltem Aluminium. Die kompakte Bauform soll außerdem den Energiebedarf im Betrieb minimieren. Eine Photovoltaikanlage wird den Forschungsbau mit grünem Strom versorgen, und extensiv begrünte Dachflächen sollen der Biodiversität zugutekommen. Für das Bauprojekt ist eine Summe von 120 Millionen Euro bewilligt worden. Nun wird der Entwurf in Zusammenarbeit mit dem städtischen Bauamt und der Hochschule weiter ausgearbeitet.

Grundriss Erdgeschoss (© HENN)
Grundriss Dachgeschoss (© HENN)

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