Technisch prägnant

Heinle, Wischer und Partner
5. Dezember 2018
Der neue Forschungsbau auf dem Chemnitzer Campus (Foto: Brigida González)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Es sind vor allem zwei Fragestellungen, die das Projekt besonders geprägt haben: Wie verhält sich ein Forschungszentrum in einem durch Wohnen geprägten Umfeld? Und wie begegnet man den Anforderungen eines interdisziplinären Forschungsverbundes von mehr als zehn Lehrenden? Insofern hat die Bauaufgabe das Potenzial, die international beachtete Forschung der TU Chemnitz im städtischen Kontext sichtbar zu machen und gleichzeitig deren Anforderungen einen räumlichen und architektonischen Ausdruck zu verleihen.

„Wissensgärten“ laden zum Austausch und Entspannen ein (Foto: Brigida González)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Am Anfang eines Entwurfsprozesses steht vor allem die Auseinandersetzung mit der Arbeit der Nutzer, in diesem Fall der Wissenschaftler, die im Forschungscluster MAIN arbeiten. Etwas verbinden: Elemente, Stoffe und Materialien genauso wie Ideen, Menschen und Fachgruppen, darauf fußt die Arbeit der Wissenschaftler. Das inspiriert das Projekt auf allen Ebenen.

Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Der Entwurf sollte den Eingang zum Technologiecampus der Stadt Chemnitz markieren und zwischen städtischem Wohnen, universitären Institutsgebäuden und privaten Startups vermitteln. In seinem direkten Umfeld schließt er mit seiner langen Front den verloren gegangenen Straßenraum und schafft neue Blickbeziehungen im Quartier. Die feingliedrige und mit großmaßstäblichen Einschnitten proportionierte Fassade aus weißen, gekanteten Metallblechen verleiht dem Baukörper einen ruhigen Ausdruck und reagiert zurückhaltend auf die gegenüberliegenden Wohnzeilen aus den 1950er-Jahren.

Eine massive Metalltreppe entwickelt sich vertikal durch das gesamte Gebäude und spannt einen lichten Luftraum vom Kellergeschoss bis zum Dach (Foto: Brigida González)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Ein Projekt dieser Größe zum Erfolg zu führen funktioniert nur, wenn alle am Entwurfs- und Planungsprozess Beteiligten gemeinsam dieselben Ziele verfolgen. Dementsprechend beeinflussen sowohl die Bauherrenschaft als auch die Nutzer den Entwurf an unterschiedlichen Stellen ganz entscheidend mit.

Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Die städtebauliche Setzung, die Fassadengestaltung und die Gebäudestruktur wurden von Beginn bis Fertigstellung durchgehalten. Die Diskussion über die notwendige Transparenz im Haus wurde von allen Beteiligten leidenschaftlich geführt. Die ersten Entwürfe sahen mehr Glasflächen in den Geschossen vor, um den horizontalen Austausch und die visuelle Kommunikation zu fördern.

Galerien eröffnen Blicke in die Umgebung (Foto: Brigida González)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Für die innenräumliche Anmutung des Hauses nutzten wir zum einen das Eichenfurnier der Holzeinbauten, das in mehreren Bemusterungsschritten ausgewählt wurde. Eine angenehme Farbigkeit und eine sichtbare Maserung sollte ohne die Ruhe der Kojen zu stören eine nahbare Wärme ins Gebäude tragen. Zum anderen steht der Stahlbau der Treppen und Treppengeländer als massive Metallkonstruktion im Kontrast zur warmen Haptik des Holzes und verleiht dem Haus eine technische Prägnanz.

Die zweigeschossigen Aufenthaltsräume proportionieren die Nordfassade (Foto: Brigida González)
Lageplan (Zeichnung: Heinle, Wischer und Partner)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Heinle, Wischer und Partner)
Schnitt (Zeichnung: Heinle, Wischer und Partner)
Forschungszentrum MAIN „Materials, Architecture and Integration of Nanomembranes"
Technische Universität Chemnitz
2017
Rosenbergstraße 6
09126 Chemnitz

Auftragsart
Auftrag nach VgV-Verfahren für Architektenleistungen, LPH 2-8

Bauherrschaft
Freistaat Sachsen vertreten durch Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, Niederlassung Chemnitz

Architektur
Heinle, Wischer und Partner, Freie Architekten, Dresden
Team: Jens Krauße (verantwortlicher Partner),
Thomas Gräning (Projektleitung), Christoph Meinhardt, Armin Pommerencke,
Objektüberwachung: Mehmet Coskun, Stefan Voß

Kunst am Bau
Patricia Westerholz, Dresden
„layers and structures“

Hersteller
Pfosten-Riegel-Fassade – Wicona
Beschläge – Dorma
Türen – Hörmann, Schörghuber
Elementwand Büros – Lindner Life 125
Holz-Glas-Elemente F30 – Hoba
Bodenbeläge Kautschuk – noraplan® sentica
Trockenbau – Knauf

Energiestandard
Umsetzung der EnEV 2009, um mindestens 15% unterschritten
Beheizung und Trinkwarmwassererzeugung über Fernwärme,
Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung,
Vorkonditionierung der Außenluft durch baulichen Luftkanal,
Büros an der Nordseite wg. sommerlichem Wärmeschutz, klimatisierte Labore auf der Südseite

Bruttogeschossfläche
9.598 m²

Gebäudevolumen
35.819 m³

Gebäudekosten
26.000.000. €

Gesamtkosten
34.300.000 €

Fotos
Brigida González

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