Oval und kreisrund

ingenhoven architects
22. November 2017
Foto: HG Esch
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Der Neubau des ersten Bauabschnitts des neuen Rathauses in Freiburg im Breisgau mit Verwaltungszentrum und Kindertagesstätte ist das erste öffentliche Gebäude im Netto-Plusenergie-Standard weltweit und bringt die bisher mit über 16 verschiedenen Standorten in der ganzen Stadt verteilten 840 Mitarbeiter der Stadtverwaltung an einem gemeinsamen Ort zusammen.

Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Der Neubau des Verwaltungszentrums ist Impulsgeber für eine städtebauliche und stadtgestalterische Aufwertung des Freiburger Stadtteils Stühlinger. Er vernetzt den Grüngürtel zwischen Eschholzpark und Universitätsklinikum. Im „Grünen Campus“ werden alle drei Gebäudetrakte und eine Kindertagesstätte vereint. Das Gebäudeensemble des neuen Rathauses integriert sich in den Grünraum zwischen Eschholzpark und Universitätsklinikum, Durchblicke und öffentliche Wegebeziehungen stärken die Vernetzung. Im Zuge der zweiten Baustufe werden weitere Ovale Arbeitsplätze für die administrativen Funktionen der Stadt aufnehmen.

Kindertagesstätte (Foto: HG Esch)
Rathaus (Foto: HG Esch)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Das neue Rathaus Freiburg ist das erste Netto-Plusenergiegebäude dieser Art und Nutzung weltweit.
Im Laufe eines Jahres erzeugt das Gebäude mehr Energie als es verbraucht, die überschüssige Energie wird ins Stadtnetz eingespeist. Im Einklang mit den strengen Kriterien des Passivhausstandards liegt der Primärenergiebedarf des Rathauses für Heizung, Kühlung, Belüftung und Warmwassererzeugung bei nur etwa 45 kWh pro Quadratmeter im Jahr – das sind nur vierzig Prozent des Primärenergiebedarfs vergleichbarer moderner Bürogebäude.
 
Das Prinzip der Nachhaltigkeit findet sowohl im Gebäude als auch im Energiekonzept besondere Berücksichtigung. Es werden einfache technische Lösungen gewählt, die sich durch einen wirtschaftlichen Betrieb auszeichnen. Die für das Gebäude notwendige Energie wird thermisch über Saug- und Schluckbrunnen und Solarthermie im Zusammenhang mit Wärmepumpen und elektrisch über Photovoltaik auf dem Dach und an der Fassade erzeugt. Die Energie für die Kühlung und Heizung wird aus Erdwärme gewonnen. Die Heizung nutzt thermische Bauteilaktivierung und kann individuell pro Büro geregelt werden. Die mechanische Belüftung ist mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung ausgestattet.
 
Das Raumklimakonzept der Büroräume mit den Komponenten Bauteilaktivierung, Heizkühlsegel, außenliegender Sonnenschutz, Dreifachverglasung und mechanische Grundlüftung mit Wärmerückgewinnung setzt das Energiekonzept energiesparend um. Öffenbare Lüftungspaneele geben dem Nutzer, bei entsprechenden thermischen Bedingungen, zusätzlich die Möglichkeit der Raumklimaverbesserung. Für die öffentlichen Bereiche wie Bürgerservicezentrum, Restaurant und Konferenzbereich erfüllen Heiz- und Kühldeckensystem und ebenfalls eine Teilklimaanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung die komplexen Anforderungen an diese Bereiche.

Die Rathausfassade mit Photovoltaik-Elementen (Foto: HG Esch)
Dunkle Lärchenholzfassade und helle Flächen in den Innenräumen im Zusammenspiel (Foto: HG Esch)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Visuell zeichnen sich beide Gebäude besonders durch ihre Lärchenholzfassaden aus lokalem Waldbestand aus. Beim Rathaus ist die Fassade aus versetzt angeordneten, senkrecht auskragenden Modulen mit Photovoltaikzellen und hochwertiger Wärmedämmung konstruiert. Die deckenhohen gläsernen Fassadenelemente erlauben eine optimale Tageslichtnutzung. Die Fassade des kreisrunden Baus der Kindertagesstätte ist charakterisiert durch einen umlaufenden Laubengang mit einer offenen feingliedrigen vertikalen Holzstruktur. Die äußere Fassade ist dort unterbrochen, wo direkte Ausblicke, Tageslichteinfall und die Gebäudeerschließung ermöglicht werden sollen.

Rathaus mit Verwaltungszentrum und Kindertagesstätte im Park (Zeichnung: ingenhoven architects)
Schnittansicht (Zeichnung: ingenhoven architects)
Rathaus Freiburg im Breisgau
2017
Fehrenbachallee 12, 79106 Freiburg

Auftragsart
Internationaler Wettbewerb 2013, 1. Preis

Bauherrschaft
Stadt Freiburg im Breisgau, vertreten durch das Gebäudemanagement Freiburg

Architektur
ingenhoven architects, Düsseldorf
Team: Christoph Ingenhoven, Hinrich Schumacher, Barbara Bruder, Rudolf Jonas, Ursula Koeker, Bibiana Zapf

Fachplaner
Tragwerksplanung: Mohnke Höss Bauingenieure
Brandschutz: BPK Brandschutz Planung Klingsch
Energiekonzeption, Photovoltaik und Gebäudetechnik: DS-Plan
Lichtplanung: Tropp Lighting Design
Landschaftsplanung: ingenhoven architects / BBS Landscape Engineering
Fassadenplanung: DS-Plan
Bauphysik: DS-Plan
Projektsteuerung: Thost Projektmanagement
Interior Design Sonderbereiche: ingenhoven architects

Kunst am Bau
Schirin Kretschmann, Berlin

​Green Building Zertifikat 
Leitfaden Nachhaltigkeit V 2.0 des IWTI
Nettoplusenergiegebäude

Gebäudevolumen
11.356 m³

Fotos
​HG Esch 

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