Mehrzweckhalle Markelfingen
Steimle Architekten
31. Juli 2024
Eingangsfassade (Foto: Brigida González)
Die neue Markolfhalle in Markelfingen ist von Steimle Architekten fertiggestellt worden. Christine und Thomas Steimle wählen acht Fotos und fünf Bilder und beantworten unsere Fragen zum Projekt.
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?Es galt eine Mehrzweckhalle zu entwerfen, die sowohl für die Sportnutzung als auch für Veranstaltungszwecke ausgelegt sein sollte. Neben den funktionalen, dienenden Anforderungen an das Gebäude spielte der atmosphärische Anspruch eine ebenso wichtige Rolle. Die Ausarbeitung bis ins Detail – wie z. B. der zuschaltbare Bühnenraum, die flächenbündigen Türelemente, die flächenbündig in den Hallenwänden verstaubare Sportgeräte usw. – trägt entscheidend zum atmosphärischen Wandel der Halle zwischen Sport und Veranstaltung bei.
Der Neubau im Holzkleid bettet sich in die Landschaft ein. (Foto: Brigida González)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?Den Bodenseeraum nimmt man mit seinen Obstplantagen als eher ländlich geprägten Landschaftsraum wahr. Aus der Formensprache des landwirtschaftlichen Kulturgutes heraus entwickelte sich das Bild eines transformierten Stadels mit einer fortgeschriebenen Holzlamellenfassade.
Die Mehrzweckhalle stellt für die Einwohner Markelfingens einen wichtigen Baustein des sozialen Lebens dar. Mit dem Neubau erhielt der Ortsteil wieder einen Raum für sämtliche gesellschaftliche Aktivitäten.
Dank seiner Lage am Hang lässt sich die Mehrzweckhalle auf beiden Ebenen entsprechend der unterschiedlichen Nutzungen barrierefrei erschließen. Analog zum Anstieg des Pirminwegs nutzt eine mit Sitzstufen gestaltete Treppenanlage entlang der Nordfassade die Hanglage auf spielerische Weise. Am oberen Ende mündet sie in den großzügig gestalteten Vorplatz mit dem angeschlossenen Hauptzugang auf die obere Hallenebene ins Foyer. Auf unterer Ebene ist das Gebäude über den Nebeneingang auf der Westfassade zugänglich. Im Süden öffnet sich die Halle ebenerdig zum Außensportfeld.
Ostfassade in atmosphärische Stimmung (Foto: Brigida González)
Haben Sie den Auftrag über einen Wettbewerbsbeitrag oder direkt erteilt bekommen?Die Beauftragung erfolgte auf Basis eines ausgeschriebenen VgV-Verfahrens, auf das wir uns beworben hatten und als Teilnehmer ausgewählt wurden. Hierfür war kein Lösungsvorschlag zu erarbeiten, die Entwurfsplanung begann erst nach erfolgter Beauftragung.
Haupteingang über den Vorplatz auf die obere Ebene der Halle (Foto: Brigida González)
Welche besonderen Anforderungen wurden gestellt? Wie haben Sie diesen im Projekt Rechnung getragen?Der Ausschreibung zum Neubau der Markolfhalle ging ein Brandereignis im Jahr 2018 voraus. Die Vorgängerhalle war baulich mit dem Feuerwehrgebäude verbunden. Auf Basis wirtschaftlicher Abwägungen entschied sich die Stadt Radolfzell für einen Ersatzneubau der Mehrzweckhalle und eine Sanierung des Feuerwehrgebäudes. Städtebaulich war somit eine tragfähige Lösung für die reibungslosen Abläufe der beiden unterschiedlichen Nutzungen zu entwickeln. In seiner städtebaulichen Setzung rückt der Neubau klar vom bestehenden Feuerwehrgebäude ab, und die komplexen Erschließungsanforderungen der beiden Funktionen – Mehrzweckhalle und Feuerwehr – werden somit unabhängig voneinander gelöst.
Foyer mit Kiosk und Galerie zur Hallenebene (Foto: Brigida González)
Großzügiger Hallenraum mit kassettenartiger durchgängiger Holzdecke (Foto: Brigida González)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?Städtebaulich wurden zu Beginn mehrere Varianten untersucht. Es zeichnete sich jedoch in einem frühen Stadium der Vorplanung der nun umgesetzte Entwurf als favorisierte Lösung ab. Die rasanten Entwicklungen auf dem Holzmarkt haben den Bauablauf und natürlich auch die Budgetierung beeinflusst.
Zuschaltbarer Bühnenraum für Veranstaltungen (Foto: Brigida González)
Durchlaufender Flur zu den Umkleiden (Foto: Brigida González)
Inwiefern haben Sie im Projekt die Verwendung von Naturbaustoffen und zirkulären Baustoffen angestrebt?Grundsätzlich ist das Gebäude mit seinem weit auskragenden Dach auf Langlebigkeit ausgelegt und auch für einen langen Nutzungszeitraum gedacht. Fast durchgängig ist das Gebäude aus Holz gebaut. Da die einzelnen Bauteile hauptsächlich verschraubt sind, kann das Gebäude einfach rückgebaut und die Baumaterialien können in den Baustoffkreislauf rückgeführt werden.
Lageplan (Zeichnung: Steimle Architekten)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Steimle Architekten)
Grundriss Obergeschoss (Zeichnung: Steimle Architekten)
Längsschnitt (Zeichnung: Steimle Architekten)
Querschnitt (Zeichnung: Steimle Architekten)
2023
Pirminweg 5
78315 Radolfzell-Markelfingen
Nutzung
Mehrzweckhalle (Sport und Veranstaltung)
Auftragsart
Zuschlag nach Teilnahme an VgV-Verfahren
Bauherrschaft
Stadt Radolfzell, öffentlicher Auftraggeber
Architektur
Steimle Architekten BDA, Stuttgart
Birgit Wohlfart (Projektleitung), Urs Schlultze (Projektmitarbeit)
Fachplaner
Tragwerksplanung: Baustatik Relling GmbH, Singen
Bauphysik: GSA Körner GmbH, Reichenau
Freianlagenplanung: Freiraumwerkstadt über Ramboll Studio Dreiseitl, Überlingen
Bauleitung
vt Architektur, Konstanz | Viola Tagscherer
Ausführende Firmen
Rohbau: Karl Stocker Bauunternehmen GmbH, Pfullendorf
Holzbau: Fluck Holzbau GmbH, Blumberg-Riedböhringen
Dachabdichtung: T. & S. Wolf Bedachungen GmbH, Löffingen-Unadingen
Fenster/Außentüren: Etter Fenstertechnik GmbH & Co. KG, Rosenfeld
Schreiner Innentüren: Schreinerei Erwin & Markus Hecht, Ertingen-Binzwangen
Schreiner Prallwand: Schreinerbetrieb Kneitschel GmbH & Co. KG, Colmberg
Schreiner Innenausbau: Schreinerei Bucher GmbH & Co. KG, Owingen
Metallbau: Kleiner Metallbau GmbH, Eigeltingen
Trockenbau: Scheideck Putz-Stuck-Innenausbau GmbH, Konstanz
Bodenbelag/Sportboden: Europ Sportboden GmbH, Westerkappeln
Fliesenarbeiten: Fliesen Graf GmbH, Immendingen
Mobile Trennwand: Franz Nüsing GmbH & Co KG, Münster
Sportgeräte fest eingebaut: Gotthilf Benz Turngerätefabrik GmbH & Co. KG, Winnenden
Landschaftsbau/Freianlagen: Garten-, Tief- & Straßenbau Fabian Dunst, Salem-Neufrach
Hersteller
Türgriffe Edelstahl FSB 1053: FSB
Keramikfliesen: Royal Mosa
Schalterprogramm JUNG AS 500: Albrecht JUNG GmbH & Co. KG
Deckenleuchte Außenbeleuchtung: BEGA Gantenbrink-Leuchten KG
Deckenleuchte Innenbeleuchtung Foyer: TRILUX GmbH & Co. KG
Pendelleuchte Innenbeleuchtung Halle: Glamox GmbH
Edelstahl-Großküche: PROHOGA GmbH & Co. KG
Sanitärobjekte: Geberit International AG
Energiestandard
BEG / KfW - Effizienzgebäude 40EE (GEG 2020)
Bruttogeschossfläche
2.660 m²
Gebäudevolumen
13.160 m3
Gesamtkosten
k.A.
Auszeichnung
Gute Bauten BDA (Hugo Häring Auszeichnung) 2023 – Auszeichnung
Materialpreis 2023 – Preisträger
Fotos
Brigida González, Stuttgart