Kombination von Prototypen
Das Zentrum für Angewandte Quantentechnologie (ZAQuant) in Stuttgart ist kürzlich von hammeskrause architekten fertiggestellt worden. Markus Hammes erläutert die Planung der räumlich und inhaltlich flexiblen Forschungslandschaft im Interview.
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?Die Komplexität der Bauaufgabe ergibt sich aus der Vielzahl der spezialisierten Nutzungen, für die es zwar jeweils prototypische Gebäude gibt, jedoch ist das ZAQuant in Kombination und Konzentration der unterschiedlichen Experimentalflächen einzigartig. Jeder Lösungsansatz und Teilaspekt musste daher sehr individuell erarbeitet werden, um in Summe eine funktional und wirtschaftlich angemessene Antwort auf die gestellte Aufgabe geben zu können.
Isolation, Abschirmung, Störung, Entkopplung, Kommunikation, informeller Austausch, spontane Treffen – man könnte meinen, diese Begriffe bilden Gegensätze ab. Im ZAQuant sind sie jedoch in ihrer Ganzheitlichkeit essentielle Voraussetzung, die zum Gelingen der Forschung notwendig ist und Innovationen fördert. Die Architektur trägt dem Rechnung, indem auf der einen Seite mit hohem baukonstruktiven Aufwand die erforderlichen technischen Rahmenbedingungen geschaffen werden und auf der anderen Seite der Raum gemeinschaftliche Erlebnisse ermöglicht.
So, wie die Forschung im Innern auf höchste Präzision ausgelegt ist, werden die Gebäudekanten ganz exakt formuliert. Es gibt keine Vor- und Rücksprünge und auch keine aufgesetzten Dachzentralen. Die Präzision des Volumens steht im Vordergrund.
Körnung und Positionierung des ZAQuant orientieren sich am Bestand in östlicher Nachbarschaft. Die klare Raumkante zur Grünen Mitte wird fortgeführt und die Prämissen aus dem städtebaulichen Masterplan für die Innenentwicklung des Campusareals werden umgesetzt.
Der Entwurf fügt sich ebenfalls in den topografischen Kontext ein. Das Grundstück weist in seiner Nord-Süd Ausrichtung einen deutlichen Geländeanstieg von 5m auf.
Der Baukörper artikuliert sich in Richtung Allmandring dreigeschossig, zur südlich gelegenen Grünen Mitte zweigeschossig und bietet somit auf beiden Seiten eine ebenerdige Anbindung an das bestehende Gelände.
Die Entwicklung eines so prototypischen Bauwerks ist nur in enger Abstimmung mit den Wissenschaftlern möglich. Es ist unerlässlich, den späteren Nutzer von Beginn an in die Planungsprozesse zu integrieren, ihn teilhaben zu lassen, sich gemeinsam auf den Weg zu machen.
Um die konkreten Anforderungen der Forschung im ZAQuant und die Funktionsabläufe im Gebäude zu verstehen, wurden Vorschläge zur Grundrissorganisation sowie Alternativen zur baulichen Fügung erarbeitet und untersucht. Die Zukunftsfähigkeit der unterschiedlichen Raumkonzepte im Hinblick auf eine räumlich und inhaltlich flexible Forschungslandschaft wurde intensiv mit Nutzer und Bauherr diskutiert.
2021
Allmandring 13
70569 Stuttgart
Nutzung
Forschungsgebäude der Universität Stuttgart
Auftragsart
VOF-Verfahren mit Projektskizze
Bauherrschaft
Land Baden-Württemberg vertreten durch Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Universitätsbauamt Stuttgart und Hohenheim
Architektur
hammeskrause architekten bda, Stuttgart
Team: Markus Hammes (verantwortlicher Partner), Astrid Karr (Projektleitung), Jürgen Naverschnigg (Projektleitung bis LPH 5), Dana Bilek, Jacqueline Dörner, Emine Sarikaya, Deborah Schäfer, Hafize Yigit
Fachplaner
Tragwerksplanung: Weiske + Partner, Stuttgart
HLSK: Planungsgruppe M+M, Böblingen
Elektro: Müller & Bleher, Radolfzell
Laborplanung: Planungsgruppe M+M, Dresden
Bauphysik: Brüssau Bauphysik, Fellbach
Baudynamik: Müller BBM, Stuttgart
EMV-Abschirmung: Müller BBM, Planegg
Bauleitung
hammeskrause architekten bda mit ERNST² ARCHITEKTEN, Stuttgart
Kunst am Bau
Christoph Poetsch, Heidelberg
‚Ein gleiches’ (LED-Displaywand und Server)
Ausführende Firmen
Rohbau: Gottlob Brodbeck GmbH & Co. KG, Metzingen
EMV-Abschirmung: Systron EMV GmbH, Schwabach
Membran-Luftfedern: Bilz Vibration Technology AG, Leonberg
Fassade: Neumayr High-Tech Fassaden GmbH, Eggenfelden
Dachabdichtung: W. Müller GmbH & Co. KG Bedachungen, Weinstadt-Endersbach
Metallbauarbeiten: Metallbau Weber, Schweinfurt
Trockenbau: Ullrich & Schön GmbH, Fellbach-Schmiden
Systembodenanlagen: HG Fußbodensysteme GmbH, Heinrichsthal
Hersteller
Betonbewehrung aus Glasfaserverbundwerkstoff: Schöck Bauteile GmbH, Schöck Combar®
Fassaden- und Fenstersysteme: Schüco International KG
High-Tech-Vinylboden für Reinraum Colorex nora: Forbo Flooring Systems
Holorib Verbunddecke: Montana Bausysteme AG
Fugenprofile für Bauteilfugen: Migua Fugensysteme GmbH
Bruttogeschossfläche
8.564 m²
Gebäudevolumen
46.001 m³
Gesamtkosten
41.500.000 € (brutto)
Fotos
Brigida González
Wolf-Dieter Gericke