Die fünfte Fassade

Auer Weber
8. Mai 2019
Die kupferfarbene Hülle bindet in die Inselhalle in die Lindauer Dachlandschaft ein (Bild: Aldo Amoretti)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Till Richter: Besonders ist allein schon die Lage des Projektes auf der Lindauer Insel direkt am Seeufer. Das Inselstädtchen im Bodensee bietet hier ein idyllisches Setting, das es zu respektieren und zu bereichern gilt. Aber auch die Geschichte der Inselhalle selbst mit der langen Tradition der Lindauer Nobelpreisträgertagungen verleiht der Aufgabe einen ganz speziellen Reiz.

Polygonal gefaltete Dachflächen integrieren den bestehenden Saal in eine Gesamtskulptur (Bild: Aldo Amoretti)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Florian Zopfy: Konzept war, die bestehende Inselhalle mit ihrer markanten Dachform über dem Saal so in eine neue Figur zu integrieren, dass das Alte spürbar bleibt und zugleich auf das Neue abstrahlt. Alle den Saal umgebenden neuen Nutzungen wurden mit polygonal gefalteten Dachflächen so an den Bestand angebunden, dass eine unverwechselbare Gesamtskulptur entsteht. Ziel war stets ein Gebäude, das sich als „neue Inselhalle“ im Stadtraum präsentiert, durch die sensible Integration des Bestandes zugleich aber sehr selbstverständlich am Ort verwurzelt bleibt.

Das neue Entrée der Inselhalle (Bild: Aldo Amoretti)
Ein großzügiger Unterschnitt definiert den Haupteingang (Bild: Aldo Amoretti)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Till Richter: Das Dach hat sicher wesentlichen Anteil daran, dass sich die neue Inselhalle ungeachtet ihrer Baumasse harmonisch in die Lindauer Altstadt einfügt. In Zeiten von Google Earth und Drohnenflügen ist ja auch der Eindruck aus der Luft eine nicht zu vernachlässigende Facette eines Gebäudes. Städtebaulich relevant ist aber auch das Zusammenspiel von Inselhalle, neuem Parkhaus und dem dazwischenliegenden Stadtplatz, auf den sich die Halle mit den erweiterten Foyerflächen neu ausrichtet. Der Platz bildet so zugleich das repräsentative Entrée für die Inselhalle und den Auftakt einer spannenden Platzfolge, die sich durch die Lindauer Altstadt bis zum Hafen zieht.

Das große Oberlicht akzentuiert das Foyer am Haupteingang (Bild: Aldo Amoretti)
Ein Subfoyer im Sockelgeschoss bietet Raum für Ausstellungen und Bankette (Bild: Aldo Amoretti)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Florian Zopfy: Wir haben unseren Bauherrn und Nutzer als kongenialen Partner erlebt, der sich mit uns zusammen der großen Verantwortung bewusst war, an dieser exponierten Stelle auf der Lindauer Insel zu Werke zu gehen. Nicht oft trifft man als Planer auf einen Auftraggeber, für den die stimmige Gesamterscheinung eines Gebäudes – von der Materialwahl bis hin zur Signaletik – von ähnlich großer Bedeutung ist wie für einen selbst. Der architektonische Auftritt und die Marke „Inselhalle“ wurden hier erfreulicherweise immer als Einheit betrachtet und gemeinsam entwickelt.

Neue Leuchten und eine ruhige Deckengestaltung kennzeichnen den sanierten Saal (Bild: Aldo Amoretti)
Einen besonderen Außenbezug bietet das neue Seerestaurant (Bild: Aldo Amoretti)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Till Richter: Hier ist zweifellos die einheitliche metallische Hülle zu nennen, die im Einsatz an Dach und Fassade die skulpturale Qualität des Neubaus betont und zugleich die Zusammengehörigkeit von Halle und Parkhaus unterstreicht. Der kupferfarbene Ton gibt den neuen Gebäuden ein edles, warmes Erscheinungsbild und bindet sie in das Ensemble der Lindauer Altstadt mit seiner von Ziegeltönen geprägten Dachlandschaft ein.

Die kupferfarbene Hülle bindet in die Inselhalle in die Lindauer Dachlandschaft ein (Bild: Aldo Amoretti)
Lageplan (Bildquelle: Auer Weber)
Grundriss Erdgeschoss Inselhalle, rechterhand Parkhaus (Bildquelle: Auer Weber)
Schnitt Inselhalle, rechterhand Parkhaus (Bildquelle: Auer Weber)
Inselhalle Lindau
2018
Zwanzigerstraße 10 
88131 Lindau

Nutzung
Sonderbau, Kultur

Auftragsart
öffentlich

Bauherrschaft
Stadt Lindau
 
Architektur
Auer Weber, München
Till Richter (verantwortlich), Florian Zopfy (Projektleitung); Doris Binder, Daniela Hohenhorst, Duc Hua, Christina Stein, Daniela Sacher, Mohan Zeng
Teile der Ausschreibung: Axel Hellmers
Bauleitung: Heinz Wendl, Markus Schoch, Martin Stang, Franz Stinner, Michael Wegner, Moritz Wolf
 
Fachplaner
Freianlagen: Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten, München
Tragwerksplanung: Boll und Partner, Stuttgart
Technische Ausrüstung: Ingenieurgesellschaft für Haustechnik, Wetzstein, Herrenberg
(HLS); Raible + Partner, Ditzingen (ELT)
Brandschutz: mhd Brandschutz, Konstanz;
Signaletik: Sägenvier DesignKommunikation, Dornbirn (A)
Projektsteuerung: Hitzler Ingenieure, München
 
Ausführende Firmen
Rohbau: Josef Hebel GmbH & Co KG, Memmingen
Dachdeckung: Täumer GmbH, Landsberg
Fassade: Gebrüder Schneider GmbH & Co KG, Radeburg
Trockenbau: Schreinerei Vogel GmbH, Thanndorf
Schlosser Türen: Hüther GmbH, Magdeburg
Schlosser Geländer: Beck GmbH Stahl- und Metallbau, Cleebronn
Schreiner Türen/Wandverkleidungen: Karl Braun Innenausbau GmbH, Haiterbach
Schreiner Einbaumöbel: Wibu Bayern, Unterschleißheim
Terrazzo: Estrich Bossert GmbH, Kernen
Spezialspachtelungen: Maler Miller, Gutenzell
Schließanlage: Konrad Kleiner GmbH & Co KG, Mindelheim
Signaletik: Raunjak Intermedias, Stainz, Österreich
Elektro: Kappenberger & Braun, Cham
Sanitär: Lodewick GmbH, Herzberg/Harz
Lüftung/Kälte: Prüfling Lufttechnik GmbH, Ottobrunn
 
Hersteller
Mobilwände Saal: Dorma Hüppe Raumtrennsysteme GmbH & Co KG, Westerstede
Mobilwände Konferenz: Franz Nüsing GmbH & Co KG, Münster
Systemtrennwände: Strähle Raum-Systeme GmbH, Waiblingen
Metallvorhänge: Gögelein GmbH & Co KG, Würzburg
Feinsteinzeug: FMG Fabbrica Marmi e Graniti, Modenese
Teppich: Carpet Concept, Bielefeld
 
Energiestandard 
ENEV
 
Bruttogeschossfläche
22.500 m² (Inselhalle und Parkierungsanlage)
 
Gebäudevolumen
90.000 m³ (Inselhalle und Parkierungsanlage)
 
Kubikmeterpreis
ca. 530 €/m³ (Inselhalle und Parkierungsanlage)  KGR 200-600
 
Gebäudekosten
48.000.000 € (Inselhalle und Parkierungsanlage)  KGR 200-600
 
Auszeichnung 
ArchDaily’s 2019 Building of the Year Award, Nominierung
 
Fotos
Aldo Amoretti, Sanremo (I)

Verwandte Artikel

Andere Artikel in dieser Kategorie